Horror-Dramen

Kazuo Umezz's Horror Theater – Teil 2 („House of Bugs“ und „Diet“)

Kazuo Umezz's Horror Theater – Teil 2Seit den 80er Jahren ist Kyoshi Kurosawa bereits im Filmgeschäft tätig und so kann man ihn inmitten der übrigen Horror-Theater-Regisseure als eine Art Altmeister bezeichnen. Dabei bleibt er seiner auch zuletzt eingeschlagenen Linie treu, indem er auf ruhige Bilder sanfter, aber nachhaltiger Irritation setzt. Im Zentrum seiner Folge steht ein Ehepaar, dessen Beziehung in die Krise geraten ist. Der Mann geht fremd, die Frau zieht sich in ihre eigene Welt zurück. Aus purer Verunsicherung erzählt der Mann seiner Geliebten, wie sich seine Frau in letzter Zeit immer stärker verändert hat. Schließlich nimmt er sie sogar mit nach Hause, weil er sich von ihr eine Lösung der Situation erhofft. Dabei wird das bizarre Ausmaß der Angelegenheit offenbar. Die Inhaltsangabe liest sich nicht wie ein Horrorstoff und im klassischen Sinne ist es das natürlich auch nicht, denn Kyoshi Kurosawa spürt in seinen Filmen oftmals dem irritierenden Schrecken alltäglicher Dramen sowie psychischer Verwerfungen nach. Sein ruhige Kamera, deren Blick das Geschehen gerne bewegungslos anstarrt, als könne sie mit Röntgenaugen unter die Oberfläche schauen, vermittelt den unangenehmen Eindruck, das mehr vorhanden ist, als sich auf den ersten Blick offenbart. Dieses bleibt aber für das Auge unsichtbar, so dass House of Bugs Kurosawa stets ein unbekanntes, nur erahnbares Element in seine Bilder einpflanzt. Dadurch entsteht ein subtiler Schrecken, denn das Unbekannte lässt sich nicht fassen oder einordnen, es verunsichert deswegen auf nachhaltige Weise. In der vorliegenden Horror-Theater-Episode steigert Kurosawa diesen Effekt, indem er die Geschichte der Ehekrise sowohl aus dem Blickwinkel des Mannes als auch der Frau schildern lässt. Die deutlichen Abweichungen – in der einen Variante zieht sich die Ehefrau selbst in ein Schneckenhaus zurück, in der anderen Variante verbietet ihr der Mann, das Haus zu verlassen, und schlägt sie – verrätseln die tatsächlichen Ereignisse zusätzlich. Die dadurch aufgebaute doppelte Irritation trifft darüber hinaus auf die Wahnvorstellung der Frau oder des Mannes, eine Spinne zu sein. Ohne laute Knalleffekte gelingt es Kurosawa, das wahrhaft erschaudernde Phänomen einer durch Verunsicherung ausgelösten Psychose in kongeniale Bilder zu übersetzen. Die Ereignisse stehen metaphorisch für die schwindende Klarheit bei der gesellschaftlichen Rollenverteilung zwischen Mann und Frau, die hier bis zur völligen Identitätsaufgabe führt. Wie schon anfangs erwähnt handelt es sich nicht um klassischen Horror, Spannung macht sich aber sehr wohl breit.

Die zweite Episode handelt von einer Schülerin, die unsterblich in den gleichaltrigen Akira verliebt ist. Der offenbart ihr jedoch, dass er nicht die gleichen Gefühle für sie hegt. Fortan wechselt die Körperfülle der Schülerin in ihrer eigenen Wahrnehmung beträchtlich. Mal sieht sie sich als schlankes Mädchen, mal als korpulente Gestalt. Völlig verunichert nimmt sie immer weniger Nahrung zu sich, ohne dass ihre Wahrnehmungsschwankungen aufhören. Tadafumi Itôs Episode entpuppt sich als Teenie-Drama, das vor allem von der lange Zeit unklaren Frage dominiert wird, warum das Mädchen mal schlank und mal korpulent aussieht. Dadurch erzeugt Tadafumi Itô eine Irritation, die den psychologischen Zustand des jungen Mädchens Dietwiederspiegelt, das auf dem Weg zur erwachsenen Frau ihren Körper entdeckt. Daraus entstehen immer wieder Situationen der Befriedigung sowie Frustration, die in den Wahrnehmungsschwankungen zum Ausdruck kommen. Auch wenn Tadafumi Itô einen handfesten Grund nachreicht, bleibt die metaphorische Ebene von solchen Dingen unberührt, da sie sich der Definition nach von der oberflächlichen Ebene abkoppelt. Dennoch erweist sich Tadafumi Itô durch die Klarstellung einen Bärendienst, weil er das irritierende Element des Unfassbaren wieder aus der dramaturgischen Gleichung herausnimmt. Der eingeführte subtile Horror bricht wie ein Kartenhaus in sich zusammen, so dass nur noch das Teenie-Drama übrig bleibt. Dieses hat Tadafumi Itô am Anfang jedoch vernachlässigt, da ein detailliert ausgearbeitetes Drama keinen Raum für Irritation geboten hätte. In der Kürze der Episode vermag er das versäumte jedoch nicht mehr aufzuholen, so dass die Folge weder stimmiger Horror noch gelungenes Drama ist. Da er die Symbiose aus beidem im Gegensatz zu Kyoshi Kurosawa abgeschenkt hat, setzt sich die Folge bedauerlicherweise zwischen beide Stühle.

Die Bild- und Tonqualität entspricht nahezu Teil 1:

Bildqualität

Die Bildqualität ist in Ordnung aber nicht gut. Die Schärfe pendelt zwischen angenehm und gut, die Konturen wirken aber zu oft etwas matschig. Die Farben überzeugen diesmal bei beiden Episoden mit kräftigen Tönen. Der Schwarzwert fällt hier etwas milchig aus, Details werden dunklen Szenen nicht verschluckt. Dennoch besitzt das Bild aufgrund des ansonsten ausgewogenen Kontrastes eine plastische Note. Hier und da ist eine leichte Blockbildung zu beobachten.

Tonqualität

Die beiden 5.1-Spuren warten mit klar verständlichen Dialogen auf, die zusammen mit den übrigen Geräuschen und der Musik ausgewogen abgemischt wurden. Die hinteren Lautsprecher kommen aber nur selten zum Einsatz, so dass sich nur bisweilen ein räumliches Klangbild breit macht.

Extras

Zu beiden Teilen ist jeweils ein Making Of enthalten, das bei der Folge „House of Bugs“ etwa 15 Minuten lang ist und bei der Folge „Diet“ etwa 16 Minuten umfasst. Neben der Segnung des Filmteams enthält das Making Of zu „House of Bugs“ vor allem untertitelte B-Roll-Aufnahmen. Die Abschnitte, in denen die Regieanweisungen Kyoshi Kurosawas per Schnitt mit den fertigen Filmszenen verglichen werden sind interessant. Die restlichen Minuten plätschern dahin. Das Making Of zu „Diet“ beinhaltet ebenfalls zahlreiche untertitelte B-Roll-Aufnahmen vom Dreh, die nicht die Qualität des vorangegangenen Making Ofs erreichen. Ganz hübsch sind die Aufnahmen vom Besuch Kazuo Umezus am Drehort, da die Schauspielerin Shôko Nakagawa als großer Fan des Comic-Zeichners aufgrund des unerwarteten Auftritts ihre Idols völlig aus dem Häuschen ist. Am Ende ist noch kurz die Entstehung eines Spezialeffektes zu sehen. In den beiden Interviews erzählt Kazuo Umezu in jeweils 2 Minuten und 15 Sekunden in bewährter Manier die den Geschichten zugrunde liegenden thematischen Aspekte. Je ein Trailer zu jeder der beiden Folgen rundet das Bonusmaterial ab.

Fazit

Regisseur Kyoshi Kurosawa knüpft mit seiner Episode an frühere Qualitäten an, indem er mit Hilfe subtilen Horrors ein Beziehungsdrama als psychologischen Schrecken aufarbeitet. Demgegenüber gelingt es seinem Kollegen Tadafumi Itô nur ansatzweise die thematischen Aspekte der Geschichte herauszuarbeiten und in eine kompakte Dramaturgie zu übersetzen. Technisch ist die DVD ordentlich.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Umezu Kazuo: Kyôfu gekijô (Japan 2005)
Länge 2 Folgen á 48 Minuten (Pal)
Studio i-on new media
Regie Kyoshi Kurosawa / Tadafumi Itô
Darsteller Hidetoshi Nishijima, Tamaki Ogawa, Hisako Shirata, u.a. / Miku Ueno, Shôko Nakagawa, Yuki Tsujimoto, u.a.
Format 1:1,78 (16:9)
Ton DD 5.1 Deutsch, Japanisch
Untertitel Deutsch
Extras Making Of, Trailer, u.m.
Preis ca. 13 EUR
Bewertung durchwachsen, technisch durchschnittlich