Papas
Söhne
Hammerhart
Wie
so viele Komödien erweist sich auch "Hammerhart" als
eine Ode an die Unfähigkeit. In den Unzulänglichkeiten erkennt
sich das Publikum häufig wieder, denn wer hat nicht so seine
Schwierigkeiten, das Leben zu meistern. Für viele Männer
ist es nicht leicht, sich Frauen zu nähern, und umgekehrt gilt
Ähnliches. Wie vermeide ich Peinlichkeiten bei Beerdigungen?
Darf ich einem guten Freund sehr unangenehme Sachen sagen oder muss
ich es als echter Freund sogar? Welche Verhaltensregeln gelten für
gut durchgeführte Banküberfälle? Das alles sind Fragen,
die viele Menschen bewegen und die Fallstricke des Lebens betreffen.
In "Hammerhart" werden noch weitere Fragen aufgeworfen,
indem die Protagonisten bei verschiedenen Themenbereichen ihre Unfähigkeit
an den Tag legen. Bennie ist beispielsweise unfähig präzise
Auto zu fahren, so dass er nicht in das Schaufenster eines Juweliers,
sondern vor den Blumenkübel davor fährt. Das bringt Bennie
ein paar Jahre Knast ein. Natürlich ist Bennie darüber betrübt,
so dass er nach der Entlassung aufgestaute Aggressionen in sich trägt.
Bennie ist unfähig, mit diesen Aggressionen umzugehen. Deswegen
lässt er sie an seinen beiden Freunden aus, welche die Küche
seiner Pommesbude ein wenig umdekoriert haben. Sie üben das Backen
verschiedener Quiche-Kreationen. Bennie ist der Adoptiv-Sohn von Mast,
der schwer angeschlagen in einem Krankenhaus liegt. Noch bevor Mast
stirbt möchte er seinen leiblichen Sohn Koen sehen, der in einem
belgischen Knast sitzt. Denn Koen ist unfähig mit Frauen Sex
zu haben, die noch am Leben sind. Bislang hat Koen das nicht gestört,
über die Ansichten der Frauen ist nichts bekannt. Bennie und
seine beiden Quiche-Kumpel machen sich auf den Weg nach Belgien, wo
sie Koen befreien. Auf der Rückfahrt nach Holland trifft Koen
eine Frau. Wie gut, dass sie kurz vorher jemanden angerempelt hat,
ohne sich zu entschuldigen. Dann ist es ja nicht schlimm, wenn der
Koen sich um sie kümmert. Koen und Mast treffen sich schließlich
im Krankenhaus. Überall hängt Glück in der Luft, aber
der Mast braucht eine neue Leber. Jetzt geht es darum, Geld für
eine Leber aufzutreiben, die man illegal kaufen will. Der Koen versucht
es mit einem Banküberfall, aber er ist auch unfähig, einen
Banküberfall durchzuführen. Während des Überfalls
trifft er auf Katja, die zum einen unfähig ist, eine gescheiterte
Beziehung abzuschließen, und zum anderen unfähig ist, sich
umzubringen. Der Koen und die Katja fühlen sich zueinander hingezogen.
Gemeinsam fliehen sie mit Bennie, der zu Hilfe geeilt war. Ein letzter
Coup soll nun die Leber für Mast bringen.
Der
niederländische Regisseur Tim Oliehoek wählte für sein
Spielfilmdebüt den dänischen Film "Old men in new cars"
aus, um ihn nur zwei Jahre nach seinem Erscheinen einem Remake zu
unterziehen. Während die Unfähigkeit der Hauptfiguren in
fast jeder Szene aus der Leinwand oder dem Bildschirm springt, fehlt
es "Hammerhart" an der Balance zwischen der Dummheit der
Figuren auf der einen Seite und ihrer notwendigen Liebenswürdigkeit
auf der anderen Seite, welche die gewöhnungsbedürftigen
Gewaltausbrüche erträglich macht. Gewalt kann innerhalb
einer Komödie sehr lustig sein, aber die Voraussetzungen dafür
müssen stimmen. Unfälle eignen sich hervorragend für
amüsante Szenen. Wer hat sich nicht selbst schon einmal in der
Hektik gestoßen oder etwas umgeworfen? Die Tollpatschigkeit
der Filmfiguren bietet Identifikationspotential. Auch mit Gewalt gegen
Figuren, die sich grob daneben benommen haben, kann man durchkommen.
Wenn aber die Hauptfigur in ihrer Wut gegen irgendwelche unbeteiligten
Menschen mit voller Absicht Faustschläge verteilt, dann muss
schon sehr viel passieren, um den Film amüsant zu halten. Es
ist notwendig, die Sympathien gegenüber der Hauptfigur auf den
absoluten Höhepunkt zu treiben, bevor schwierigere Szenen kommen.
Bennie fühlt sich Mast innig verbunden. Das macht ihn durchaus
sympathisch, aber fünf Minuten Film reichen nicht aus, um vollends
für ihn einzunehmen. Alle anderen Verhaltensweisen an ihm sind
unsympathisch, so dass es schwer fällt, für seine sinnlose
und nicht einmal originelle Gewalt Verständnis zu haben. Jede
rüpelhafte Szene innerhalb eines Films von Bud Spencer und Terrence
Hill ist origineller ausgedacht als alles in "Hammerhart"
zusammen, weil dort menschliches Verhalten beobachtet und persifliert
wird. "Hammerhart" kennt nur die Keule und kein Maß.
Er ist im wahrsten Sinne des Wortes eine erbärmliche Völlerei,
die glaubt, extrem sei gleichbedeutend mit schwarzem Humor. Letzterer
bedeutet vor allem, tabuisierte gesellschaftliche Themen mit ernstem
Hintergrund in witziger Weise darzustellen. Die Art und Weise, wie
in "Hammerhart" Koens Verhalten gegenüber Frauen dargestellt
wird, zielt aber nur auf eine Schockwirkung ab, da sein Innenleben
keine Chance hat, sich im Chaos der derben Späße zu entfalten.
Statt schwarzem Humor bietet "Hammerhart" kranken Humor.
Auch das durchaus vorhandene und sogar berührende Drama um den
schwer kranken Mast kann den Film nicht retten, da diese Szenen zu
mager ausgestaltet sind. Es fehlt an der Balance.
Bildqualität
Ohne
Verschmutzungen oder sonstige Defekte bietet die DVD eine ordentliche
bis gute Schärfe. Die Farben sind dem aufdringlichen Stil des
Films angemessen bunt und kräftig. Auch der Kontrast unterstützt
das vielfältige Bild in effektiver Weise. Rauschmuster sind bei
der DVD nicht erkennbar.
Tonqualität
Die
Tonspuren der DVD sorgen für eine gelungen Wiedergabe des akustischen
Geschehens. Ohne Rauschen sind die Dialoge klar und verständlich.
Umgebungsgeräusche tauchen hier und da in den hinteren Boxen
auf, die Musik unterstützt in guter Weise den räumlichen
Klang.
Extras
Der
Audiokommentar von Tim Oliehoek (Regie) und Rolf Dekens (Kamera) arbeitet
sich szenespezifisch am Film ab. Dabei geht es vor allem um die technischen
Gegebenheiten beim Dreh sowie um die dramaturgische Konzeption der
einzelnen Szenen. Insgesamt liefert der Kommentar eine höchst
hörenswerte Analyse des Films, die vor allem dann interessant
ist, wenn der Humor des Films gar nicht gezündet hat. Auf diese
Wiese erhält man einen faszinierenden Einblick in eine fremde
Welt.
Das etwas 25minütige Making Of bietet eine Mischung aus Filmszenen,
Interviewausschnitten, in denen der Inhalt zum Besten gegeben wird,
und Belanglosigkeiten. Es wurde ganz offensichtlich zu Werbezwecken
gedreht und ist als Bonusmaterial ohne Wert.
Sehr
viel besser sind die drei erweiterten Szenen. Alle werden durch Regisseur
Tim Oliehoek eingeführt, der erläutert, dass sie gekürzt
wurden, um den Humor zu bewahren sowie die 12er-Freigabe zu retten.
Die Rubrik "Vom Storyboard zum Film" beschäftigt sich
mit drei Szenen. Zunächst erläutert entweder Regisseur Tim
Oliehoek oder Kameramann Rolf Dekens die technischen Hintergründe
des Drehs. Danach ist die entsprechende Szene auf einem dreigeteilten
Bildschirm zu sehen. In einem Fenster läuft das Storyboard ab,
in einem anderen die Filmszene vor der technischen Bearbeitung und
im dritten Fenster schließlich die fertige Filmszene. Auf diese
Weise werden die verschiedenen Schichten des kreativen Prozesses gut
sichtbar.
Das Gag-Reel (ca. eineinhalb Minuten) zeigt ein paar Patzer, der Bericht
von der Kinopremiere (ca. drei Minuten) liefert Ausschnitte von der
Amsterdamer Gala-Premiere des Films und Schießübungen (ca.
zwei Minuten) zeigt die Darsteller beim Abfeuern verschiedener Waffen.
Letzteres ist eher uninteressant.
Hinter Tim Oliehoeks Kurzfilme verbirgt sich als erstes das 13minütige
Werk "The Horseless Prince" (2003) der das Talent Oliehoeks
und seines Kameramanns Rolf Dekens andeutet, obwohl das Ende ein wenig
zwiespältig ist. Filmisch ist der Kurzfilm aber über jeden
Zweifel erhaben, eine technisch blitzsaubere Arbeit.
Bei dem zweiten Film "Buy or Die" handelt es sich um einen
Amateurfilm, den Oliehoek vor Jahren gedreht hat. Da der Film seiner
Ansicht nach schlecht ist, wird jedoch nur ein Zusammenschnitt der
spektakulärsten Actionszenen gezeigt, die sich in der Tat sehen
lassen können.
Tim Oliehoek und Rolf Dekens führen in den ersten Film ein, vor
dem Zusammenschnitt der Actionszenen aus "Buy or Die" taucht
Oliehoek auf und spricht ein paar warme Worte.
Drei Trailer, zwei Teaser und ein Musikvideo runden das Bonusmaterial
ab.
Fazit
Wer
sich bei "Hammerhart" amüsiert, hat den Film auch verdient.
Eine Vorliebe für schwarzen Humor reicht dazu jedoch nicht aus,
weil es "Hammerhart" nicht gelingt, seinen Witz aus treffsicheren
Beobachtungen menschlicher Verhaltensweisen zu ziehen. Insofern muss
man sich schon damit begnügen, dass es amüsant sein soll,
wenn Unbeteiligte was aufs Maul bekommen. Technisch ist die DVD recht
gut, das Bonusmaterial ist zum großen Teil sehr lohnenswert.
Wer den Film mag, bekommt eine gute DVD.
Stefan Dabrock
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Originaltitel |
Vet
Hard (Niederlande 2005) |
Länge |
90
Minuten (Pal) |
Studio |
Legend
Films |
Regie |
Tim
Oliehoek |
Darsteller |
Jack
Wouterse, Kürt Rogiers, Bracha van Doesburgh, Alexander
Alberts, u.a. |
Format |
1:2,35
(16:9) |
Ton |
DTS
Deutsch, DD 5.1 Deutsch, Niederländisch |
Untertitel |
Deutsch |
Extras |
Erweiterte
Szenen, Making Of, Trailer, u.m. |
Preis |
ca.
19 EUR |
Bewertung |
schwach,
technisch gut |
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