Hallelujas Nachtgebet hat drei Strophen

Halleluja Box

Koch Media bringt wieder einmal neue Werke aus dem breit gefächerten Filmschatz des Italo-Westerns in einer thematischen Box heraus. Diesmal geht es um Halleluja. Die drei enthaltenen Filme tragen zumindest im deutschen Titel das Wort Halleluja und das beigefügte 32seitige Booklet von Wolfgang Luley und Daniel Maier informiert anlässlich der religiösen Konnotation des Wortes Halleluja über christliche Motive im Italo-Western.

Den Anfang macht Giuliano Carmineos (aka Anthony Ascott) "Man nennt mich Halleluja". Der Film nutzt wieder einmal das gerne im Italo-Western verwendete Setting der mexikanischen Revolution zur Zeit der Herrschaft Maximilans. Der Revolutionsgeneral Ramirez benötigt dringend eine Ladung Juwelen, die ein Geheimagent Maximilans in die USA schmuggeln möchte. Mit Hilfe der wertvollen Fracht plant Ramirez, Maschinengewehre bei einem mysteriösen Mister Krantz zu kaufen. Also beauftragt er den Abenteurer Halleluja, die Juwelen zu besorgen. Schnell stellt Halleluja fest, dass er nicht der einzige ist, der hinter der Tasche mit dem Schatz her ist. Er begegnet rauf- und schießwütigen Mönchen, einer hübschen Nonne und auch Mister Krantz scheint seinen ganz persönlichen Vorteil aus der Sache ziehen zu wollen. In Carmineos Welt geht es ausgesprochen komödiantisch zu. Bereits die Eingangssequenz ist ein perfektes Beispiel für seinen Inszenierungsstil. Ganz dramatisch führt die Besatzungsarmee eine Gruppe Mexikaner zur Hinrichtung. Pathetisch verliest der kommandierende Offizier die Namen der Missetäter, ordnet die Erschießung an, als ganz plötzlich Halleluja auftaucht und für eine dramatische Wendung sorgt. Soweit kennt man die Szenerie, wenn auch die Waffe, mit der Halleluja hantiert, absurder kaum sein könnte. Was folgt, ist ganz dem Muster klassischer Komödien abgeschaut. Auf dem Hinrichtungsplatz bricht ein völliges Chaos aus. Alle Anwesenden schießen wild durcheinander, nur einer nicht. Halleluja tritt mit lässiger Übersicht auf, bei der er sich in keiner Weise aktiv um das Geschehen kümmert. Unbeeindruckt spricht er mit dem unablässig feuernden General Ramirez über den Juwelenauftrag, um das Gespräch kurz für eine Schießeinlage über die Schulter hinweg zu unterbrechen und danach ebenso ungerührt weiter zu reden. Das ist eine pure Komödieninszenierung, mit dem einzigen Unterschied, dass hier Blei statt Torten durch die gegen fliegt. Nachdem Carmineo in dieser Weise seine Welt eingeführt hat, entwickelt sich die restliche Handlung mit atemberaubender Geschwindigkeit. Fast jede nachfolgende Szene des Films besitzt Tempo in Form von Action, Spannung oder Dialogduellen. Wenn einmal für wenige Sekunden Ruhe aufzukommen scheint, weil Halleluja die Nonne befragt, taucht sofort eine andere Figur aus dem rasanten Reigen auf, um wieder Tempo in die Szene zu pumpen. Auch hier bleibt Carmineo ganz der Komödie treu, die als Screwballcomedy der 30er oder 40er Jahre die rastlose Handlung als erzählerisches Mittel perfektionierte. Dabei arbeitet der Italiener stets mit einer Vielzahl an Auslassungen. Nur selten bekommt der Zuschauer Gründe präsentiert, warum eine Figur einen bestimmten Ort erreicht, meistens taucht sie plötzlich auf und man muss hinnehmen, dass dies so ist. Und wenn es nicht möglich ist, eine bereits eingeführte Figur auftauchen zu lassen, dann erfindet das Drehbuch einfach eine neue, die noch bizarrer ist, als falsche Mönche oder Nonnen. "Man nennt mich Halleluja" erweist sich als furioser Spaß, dessen Tempo alles andere überdeckt.

Auch für den zweiten Film "Ein Halleluja für Camposanto" zeichnet sich Guiliano Carmineo (Anthony Ascott) als Regisseur verantwortlich. Dabei geht es um einen verschlafenen Landstrich, der durch Schutzgelderpresser heimgesucht wird. Die ansässigen Farmer und Rancher müssen zahlen, sonst gehen die Höfe in Flammen auf oder Brunnen werden vergiftet. In diese Situation kehren zwei Söhne eines Ranchers nach vielen Jahren Abwesenheit zurück. Da sie den wilden Westen nicht kennen, es ihnen aber nicht an Mut fehlt, geraten sie schon kurz nach der Ankunft in eine lebensbedrohliche Situation, aus der sie ein geheimnisvoller Fremder befreit, der nur Camposanto (Friedhof) genannt wird. Die Söhne beschließen, den Kampf gegen die Schutzgelderpresser aufzunehmen. Camposanto greift ihnen dabei unter die Arme und bringt ihnen unter anderem das Schießen bei. Nach ersten Erfolgen gegen die Erpresserbande taucht jedoch ein weiterer Fremder auf, der ebenso geschickt mit dem Revolver umgehen kann wie Camposanto und offensichtlich für die Gegenseite arbeitet. Mit "Ein Halleluja für Camposanto" befindet sich Guiliano Carmineo auf der Höhe seines Könnens. Wie in "Man nennt mich Halleluja" arbeitet er auch hier mit zahlreichen Komödienelementen - unter anderem besitzt das spielerische Kräftemessen der beiden Meisterschützen ironische Züge, eine Kneipenprügelei erinnern an die Spencer/Hill-Filme -, würzt das Geschehen aber zusätzlich mit leichten Thrillerelementen und verfolgt einen geradezu sozialistischen Subtext, der die Armen sowie Bedürftigen zu ihrem Recht kommen lässt. Dabei setzt er ganz auf die Wirkung der Figurenpaare, allen voran der beiden Auftragspistoleros. Sie bilden die unabhängige Kraft in diesem Landstrich. Wie gespiegelte Charaktere stehen sie auf verschiedenen Seiten, sind sich jedoch so ähnlich, dass sie sich fast neutralisieren. Lediglich die moralische Kraft im Rücken lässt die Waagschale in eine Richtung ausschlagen. Es ist eine Freude, dem Spiel Gianni Garkos sowie William Bergers zuzusehen, die ihre Charaktere mit der Gelassenheit des Könners versehen. Mit größtem Respekt schleichen sie umeinander. Erfolge des Gegners werden mit Anerkennung quittiert, denn hier ist ein Duell am Werk, bei dem die Beteiligten Spaß an der strategischen Auseinandersetzung haben. Daneben erhält das Brüderpaar eine immer größere Rolle, nachdem sie durch gestiegene Schießkünste zu einem entscheidenden Faktor geworden sind. Zu guter Letzt sorgen zwei Bedienstete, die den Brüdern an die Seite gestellt werden, für den entscheidenden Komödienschliff. Ihre leichte Ungeschicklichkeit, das Aufkommen der Brüder als Machtfaktor sowie die Überlegenheit der beiden Revolverhelden fließen unmerklich ineinander, so dass ein komplexes Geflecht der Stile entsteht. Das hebt "Ein Halleluja für Camposanto" zusammen mit dem Sozialparabelansatz an die Spitze dieser DVD-Box.

Der dritte Beitrag "Sando Kid spricht das letzte Halleluja" wurde auch gedreht. Leider ist nach der mir zu Verfügung stehenden Informationslage nicht klar von wem. Das Booklet zur Box wartet mit einer Klarstellung auf, dass Sergio Bergonzelli als Regisseur verantwortlich sei und nicht León Klimovsky. Man erläutert auch, dass bisweilen Leute als Regisseure genannt werden, die gar nicht Regie geführt haben, weil aus steuerlichen Gründen jemand aus den jeweiligen Produktionsländern genannt werden musste. Aus welcher Quelle nun hervor geht, dass "Sando Kid spicht das letzte Halleluja" von Sergio Bergonzelli gedreht wurde, lässt man jedoch weg, so dass die Glaubwürdigkeit nicht gerade erhöht wird. Alle anderen Quellen, die ohne weiteres verfügbar sind (Spaghetti Westerns, Thomas Weisser - Westernlexikon, Joe Hembus - www.imdb.com - www.ofdb.de) nennen León Klimovsky. Aber zurück zum Film selbst. Die Geschichte, welche erzählt wird, ist der des Camposanto-Films nicht unähnlich. Ein schmieriger ehemaliger Nordstaaten-Offizier versucht den örtlichen Ranchern und Farmern die Grundstücke abzukaufen, weil er durch die herannahende Eisenbahn große Profite erhofft. Gewalt ist ihm zur Erreichung der Ziele nicht fremd. In die Gegend wird Sando Kid geschickt, der den Ex-Nordstaater noch aus Kriegstagen kennt. Sando Kid war Südstaatensanitäter und musste mit ansehen wie sein Gegner unbewaffnete Südstaatler erschoss. Jetzt arbeitet Sando Kid als Ranger, was er zunächst jedoch nicht zu erkennen gibt. Rache und Gerechtigkeit sind seine Motive für das Ziel, dem Ex-Nordstaatler das Handwerk zu legen. Egal wer den Film nun gedreht hat, er kann Guiliano Carmineo nicht das Wasser reichen. Das soll nicht heißen, dass der Film gar keine Qualitäten besitzt, aber über eine solide Inszenierung kommt er nicht hinaus. Sando Kid gibt den Rächer mit einem derart zynischen Unterton, dass es in dieser Häufung langsam unangenehm wird. Da werden Leute erschossen und wirklich jedes Mal muss ein Spruch gerissen werden, der jeglichen Respekt vor dem menschlichen Leben vermissen lässt. In wohldosierter Form lässt sich das ertragen, hier wird es zusammen mit dem feisten Grinsen der Beteiligten jedoch übertrieben. Insofern besitzen die Figuren nur einen stark eingeschränkten Sympathiewert, so dass auch die private Geschichte Sando Kids - er kommt aus der Gegend und eine Liebesgeschichte zu einer jungen Frau wird angedeutet - uninteressant bleibt. Aus diesem Grund bleibt nur noch der Rachefeldzug übrig, bei dem Sando Kid mit italowesterntypischem Geschick vorgeht, so dass der Film darüber einen soliden Handlungsbogen besitzt. Mehr bietet das Werk jedoch nicht. Gegenüber den beiden anderen Filmen fällt "Sando Kid spricht das letzte Halleluja" deutlich ab.

Bildqualität

Die Bildqualität der drei Filme unterscheidet hinsichtlich der auftauchenden Dreckspuren und Bildpunkte kaum. Hier wurde ordentliche Arbeit geleistet, so dass sie auf ein geringes Maß reduziert wurden. Die Schärfe fällt bei "Ein Halleluja für Camposanto" am schwächsten aus, da er das grieseligste Bild besitzt. Nach dem Vorspann, der in dieser Weise besonders schlecht ausfällt, bessert sich das Bild merklich, so dass es angesichts des Filmalters recht ordentlich ist. Leider kann der beste Film der Box in dieser Hinsicht nicht ganz die Qualitäten von "Man nennt mich Halleluja" erreichen, dessen Bild detailreicher ausfällt. Hier taucht nur hin und wieder ein Konturenflimmern auf, das sich etwas störend bemerkbar macht. In geradezu unverschämt guter Qualität präsentiert sich "Sando Kid sprich das letzte Halleluja". Gestochen scharf und ohne störende Begleiterscheinungen kann der schwächste Film der Box bewundert werden. Die Farbwiedergabe und der Kontrast sind bei allen drei Filmen gelungen. Nennenswerte Rauschmuster gibt es nicht.

Tonqualität

Der 2.0-Mono-Ton liefert im wesentlichen die gewohnt brauchbare Kost, wobei das Rauschen sich nicht stärker in den Vordergrund spielt. Die Dialoge sind gut verständlich und die Musik kommt sehr schön zur Geltung. Lediglich bei "Man nennt mich Halleluja" kommt es anfangs zu starken Schwankungen beim italienischen Ton. Insgesamt ist der italienische Ton dumpfer als die deutsche Synchronisation.

Extras

Der Box liegt eine Audio-CD bei, welche erstmals die Soundtracks zu "Man nennt mich Halleluja" sowie "Beichtet, Freunde, Halleluja kommt" enthält. Beide wurden von Stelvio Cipriani komponiert und gehöten zu den sehr hörenswerten Beispielen italienischer Filmmusikkunst. Auf der DVD "Man nennt mich Halleluja" ist der Film noch einmal in einer etwa 32minütigen Super-8-Variante enthalten. Für Nostalgiker sicherlich ein hübsches Extra. Darüber hinaus enthält die DVD den deutschen und den italienischen Trailer sowie eine Bildergalerie. Auf der DVD "Ein Halleluja für Camposanto" befindet sich die etwa 25minütige Featurette "Ein Halleluja für Anthony Ascott". Der Beitrag besteht aus Interviewsequenzen mit Guiliano Carmineo (Athony Ascott), Gianni Garko und George Hilton, die mit Filmausschnitten begleitet werden. Dabei finden die Akteure warme Worte über die Zusammenarbeit bei verschiedenen Projekten und gehen auf Charakterzeichnung sowie Stil ihrer Italowestern-Werke ein. Das lässt sich ganz gut ansehen und man bekommt auch die eine oder andere Information, wenn auch der rote Faden ein wenig fehlt. Insgesamt aber eine lohenswerte Dokumentation. Zusätzlich enthält die DVD den italienische Trailer sowie eine Bildergalerie. Auf der DVD "Sando Kid spricht das letzte Halleluja" sind der italienische Trailer sowie eine Bildergalerie enthalten.

Fazit

Auch die Halleluja-Box beweist, dass der Italowestern noch so manches gelungene Werk bereit hält und kann mit zwei der drei enthaltenen Filme punkten. Lediglich "Sando Kid spricht das letzte Halleluja" bietet nur brauchbare Kost. Technisch sind die DVDs solide bis gut. Das Bonus-Material ist interessant. Vor allem die Soundtrack-CD lohnenswert.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Testat' Ammazo, Croce…Sei Morto! Mi Chiamano Alleluja / Gli Fuvamano Le Colt...Lo Chiamavano Camposanto / Su Le Mani, Cadavere! Sei In Arresto (alle Italien 1971)
Länge 92 / 91 / 89 Minuten (Pal)
Studio Koch Media
Regie Giuliano Carmineo / Giuliano Carmineo / León Klimovsky
Darsteller George Hilton, Charles Southwood, Agata Flori, u.a. / Gianni Garko, William Berger, Chris Chittell, u.a. / Peter Lee Lawrence, Espartaco Santoni, Hela Liné, u.a.
Format 1:2,35 (16:9) / 1:2,35 (16:9) / 1:1,85 (16:9)
Ton DD 2.0 Mono Deutsch, Italienisch
Untertitel Deutsch
Extras Featurette "Ein Halleluja für Anthony Ascott", Trailer, u.m.
Preis ca. 33 EUR
Bewertung gut