Der Einfachheit halber nennt Koch Media diese Veröffentlichung Staffel 4. Die zwei Filme sind jedoch keine regulären Serienfolgen, sondern TV-Specials aus den Jahren 1996 und 2006, welche ihre Fälle jeweils in politische Hintergründe einbetten. Der Film „Weiße Teufel“ entstand kurz nachdem die reguläre Serie 1995 zu Ende ging. Er greift die Übergabe der Kronkolonie Hongkong an die Volksrepublik China auf. Psychologe Fitz befindet sich auf einer Vortragsreise, die ihn auch in die asiatische Metropole führt. Als sich dort ein brutaler Mord ereignet, befindet sich Fitz schnell an der Seite der dortigen Polizei, um den Täter zu überführen. Die Kriminalgeschichte dient dazu, um Ängste und Zerfallserscheinungen angesichts der Übergabe Hongkongs an die Volksrepublik China zu reflektieren. Das politische Ereignis wirft seine Schatten voraus, indem es indirekt zum Katalysator für das grausame Verbrechen wird. Dabei spielen wirtschaftliche Aspekte ebenso eine entscheidende Rolle wie die Auswirkungen einschneidender, übergeordneter Ereignisse auf psychisch labile Menschen beleuchtet werden. Die aus der Serie bekannten typischen Verhörszenen mit einem bissigen Fitz treten gegenüber einer stärker auf Tempo angelegten Inszenierung zurück. Im Resultat besitzt der Film ein etwas schwächeres psychologisches Fundament als die Serienfolgen, kann sich aber auf hohem Niveau behaupten.
Das gilt auch für den Zehn Jahre später gedrehten Film „Nine Eleven“, der wieder aus der Feder des Serienschöpfers Jimmy McGovern stammt. Nach siebenjähriger Abwesenheit taucht der in Australien lebende Fitz mit seiner Frau wieder in Manchester auf, um an den Hochzeitsfeierlichkeiten seiner Tochter teilzunehmen. Natürlich passiert ein Mord, der in der örtlichen Presse für Schlagzeilen sorgt und so bietet Fitz postwendend seine Hilfe an. Gemeinsam mit der Polizistin Saffron Saleh macht sich Fitz an die Aufklärung. Da das Opfer ein Amerikaner ist, der durch einen wildfremden Täter getötet wurde, ist größte Eile geboten, bevor die Spuren kalt werden. Gleich bei seinem ersten Auftritt versaut Fitz die Hochzeitsfeier, indem er eine unmöglich zynische Rede hält. Trotz der vergangen Jahre, so die Botschaft des Drehbuchautors Jimmy McGovern, hat sich Fitz nicht entscheidend verändert. Anstatt Zeit mit seiner Enkeltochter zu verbringen stürzt sich der übergewichtige, alkohol- und spielsüchtige Psychologe lieber in die Ermittlungsarbeit. Obwohl auch hier die Verhörszenen mit Fitz auf ein Minimum reduziert wurden, gelingt es, den unbequemen Charakter des Psychologen zu wahren, der im zwar durch anhaltenden Bauboom veränderten, aber dennoch altbekannten Manchester zur gewohnten Form aufläuft. Auch wenn das psychologische Fundament der Mordtat eine intensivere Ausarbeitung vertragen hätte, werfen die skizzierten Verbindungen zu den Terroranschlägen des 11. September einen ungewohnten Blick auf die weitverzweigten Auswirkungen der politischen Reaktionen auf die Anschläge. Einmal mehr – nach „Weiße Teufel“ - wird Fitz zum Psychologen der Poltik. In den beiden Filmen analysiert er Zusammenhänge zwischen globalen Ereignissen und den konkreten Verzweiflungssituationen einzelner Menschen. Dieser Ansatz ist spannend, wenn auch so komplex, dass er in der zur Verfügung stehenden Zeit nur angetippt werden kann.
Bildqualität
Der Film „Weiße Teufel“ macht bei der Bildqualität da weiter, wo die dritte Staffel aufgehört hat. Über weite Strecken fällt die Schärfe gut aus, teilweise ist das Bild aber ein wenig matschig. Die Farben sind kräftig, der Kontrast ist etwas zu steil, so dass in dunklen Szenen gelegentlich Details verschluckt werden. Stehende Rauschmuster sorgen für eine Beeinträchtigung der Bildqualität. Der Film „Nine Eleven“ weißt demgegenüber eine deutlich verbesserte Bildqualität auf, da er Zehn Jahre später gedreht wurde. Die Schärfe ist über die gesamte Lauflänge sehr gut, die Farben sind kräftig, der Kontrast macht eine gute Figur. Aufgrund des insgesamt detailreicheren Bildes wird in dunklen Szenen nichts verschluckt. Das Hintergrundrauschen stört kaum, stehende Rauschmuster sind nur leicht sichtbar.Tonqualität
Der Ton liefert bei beiden Folgen die gute Qualität der Dritten Staffel. Sowohl die englische als auch die deutsche Spur nutzen die vorderen Boxen in gelungener Weise aus. Der deutsche Ton fügt sich weniger organisch in das Geschehen ein, so dass er künstlicher klingt. Demgegenüber ist sein englisches Pendant etwas dumpfer. Rauschen tritt nicht auf. Die Dialoge sind jeweils klar und verständlich.Extras
Das Bonusmaterial besteht aus einem 45minütigen Making Of, in dem unter anderem der Serienerfinder Jimmy McGovern, der Produzent Gub Neal und die Darsteller Robbie Coltrane, Christopher Eccleston, Barbara Flynn und Lorcan Cranitch zu Wort kommen. Die Dokumentation beleuchtet die Entstehungsgeschichte der Serie und ordnet die Figur des Fitz sowie die behandelten Themen in den TV-Serienzusammenhang ein.Fazit
Die beiden Filme „Weiße Teufel“ und „Nine Eleven“ schlagen jeweils die Brücke zwischen lokalen, persönlichen Verbrechen und politischen Ereignissen. Innerhalb des gegenüber der Serie globaleren Ansatzes geht das psychologische Fundament etwas zurück, bietet aber noch genug Stoff für faszinierende Filme. Technisch sind die DVDs ordentlich („Weiße Teufel“) und gut („Nine Eleven“).Stefan Dabrock
Originaltitel | Cracker (GB 1996 / 2006) |
Länge | 100 Minuten / 109 Minuten (Pal) |
Studio | Koch Media |
Regie | Richard Standeven / Antonia Bird |
Darsteller | Robbie Coltrane, Ricky Tomlinson, Freda Foh Shen, Barnaby Kay, u.a. / Robbie Coltrane, Anthony Flanagan, Nisha Nayar, u.a. |
Format | 1: 1,66 / 1:1,78 (16:9) |
Ton | DD 2.0 Deutsch, Englisch |
Untertitel | Deutsch |
Extras | Making Of |
Preis | ca. 19 EUR |
Bewertung | gut, technisch ordentlich bis gut |