Nach dem gescheiterten Fantasy-Versuch „Tiger Dragon Gate“ (2006) kehren Regisseur Wilson Yip und sein Hauptdarsteller Donnie Yen wieder zum Genre des harten Polizeifilms zurück, und das mit krachendem Erfolg. Kurz vor der Übergabe Hongkongs an China machen sich vietnamesische Drogenhändler in der Kronkolonie breit. In ihren Reihen befindet sich auch der Undercover-Polizist Wilson, dessen Ermittlungen zur Zerschlagung der Gangsterorganisation führen sollen. Aber die Köpfe der Bande – drei Brüder – vertrauen nur der eigenen Blutsverwandtschaft vollständig. Mitten in der entscheidenden Polizeiaktion gegen die Drogenhändler fliegt Wilsons Tarnung auf. Nur knapp kommt er mit dem Leben davon, die Vietnamesen schwören Rache. Jetzt wird es für Wilson und seinen Partner Jun Ma, der aufgrund seiner handfesten Ermittlungsmethoden am Rande und jenseits der Legalität oftmals im Fokus interner Polizeiüberprüfungen steht, zu einer Frage des eigenen Überlebens, die Drogenhändler mit allen Mitteln zur Strecke zu bringen.
Im Jahr 1997, kurz vor der Übergabe Hongkongs an China, stand die Kronkolonie am Abgrund. Ängste vor einem Verlust der Freiheit machten sich ebenso breit wie kurzzeitig eine Art psychologisches Machtvakuum entstand. Die alte Ordnung neigte sich dem Ende zu, die neue Ordnung, welche die Bürger der Kronkolonie zudem mehrheitlich ablehnten, war noch nicht da. „Flash Point“ greift diese chaotische, aggressive Stimmung auf, um die daraus entstehenden, psychologischen Gegenbewegungen in einer stakkatoartigen Tour de Force zu skizzieren. Die Angst vor dem Verlust der alten, behüteten Gemeinschaft, die sich auf der Insel des britischen Hoheitsgebietes breit gemacht hat, sorgt für eine Rückbesinnung auf selbst gewählte und natürliche Gemeinschaften, die mit aller Härte verteidigt werden, weil sie als Schutz vor dem neuen, unbekannten dienen sollen. Innerhalb der Polizei bildet sich so eine verschworene Gemeinschaft aus, die zwar auch ohne die besondere politische Situation existieren würde, aber nicht das Maß an Eigendynamik entwickeln könnte. Die Regeln korrekter Polizeiarbeit werden vollständig aus den Angeln gehoben, wenn Donnie Yen als Jun Ma einen Verdächtigen nach einer Verfolgungsjagd beim anschließenden Kampf tot schlägt und letztlich ungeschoren davon kommt, weil der Apparat selbst in hilfloser Agonie erstarrt ist. Ängste und Frust angesichts des drohenden Zerfalls bauen eine Druckkulisse auf, die sich in extremer Gewalt niederschlägt. Die selbst gewählte Gemeinschaft innerhalb der Polizei muss als einziger stabiler Faktor bis aufs Blut verteidigt werden.
Natürlich schöpft das Vorgehen Yens und seiner Kollegen seine Legitimität innerhalb der Handlung nur aus der Existenz einer ebenso starken Gruppe auf Seiten der Gangster. Die Vietnamesen dringen auf der Suche nach einer lukrativen Heimat in Hongkong ein. Dabei setzen sie auf den familiären Zusammenhalt, der als gruppenbildendes Moment der Struktur auf Seiten der Polizei gegenüber gestellt wird. Sie schrecken nicht vor Bombenanschlägen, Morddrohungen gegen die Partnerin des Undercover-Polizisten und Gewalt gegen Kinder zurück. Ihre Familie ist alles, was sie haben, und Hongkong das gelobte Land, aus dem sie sich keinesfalls vertreiben lassen wollen. In einer Szene organisieren die Brüder eine Geburtstagsfeier für ihre senile Mutter. Die Fürsorge ist nicht gespielt, sondern genauso echter Familiensinn, wie er im Zusammenhalt der Polizisten zum Ausdruck kommt. Yip und Yen lassen beide Strukturen, die sich als psychologische Ruhezentren innerhalb des ebenso entstandenen Chaos entwickelt haben, mit brachialer Wucht aufeinander prallen.
Nachdem die dramaturgischen Nebenschauplätze, welche die jeweiligen Gruppen näher beleuchtet haben, verlassen worden sind, kennt „Flash Point“ kein halten mehr. In bester Tradition des 80er-Jahre-Hongkong-Action-Kinos prügelt sich Donnie Yen mit eindrucksvoller Beweglichkeit durch die Szenerien. Dabei haben die ausgefeilten Kampfchoreographien keinen tänzerischen Charakter, hier dominiert die pure Wucht der Schläge und Kicks. Im Finale mischen Yen und Yip Schießereien und Martial Arts zu einer adrenalingetränkten Auseinandersetzung zusammen, die das Hongkong-Kino einmal mehr als Speerspitze des Action-Kinos etabliert. Dabei fehlt den Figuren aber die Leichtigkeit der 80er-Jahre-Charaktere. Wenn Donnie Yen in einer Szene nach einem Kampf völlig apathisch zusammengesunken in einem Stuhl kauert, dann ist ganz offensichtlich, dass hier ein gebrochener Mann einen verzweifelten Kampf führt, einen Kampf, den er auf menschlicher Ebene nicht gewinnen kann, weil er tief in seinem Inneren weiß, dass er sich mit seinen Methoden immer wieder schuldig macht.
Bildqualität
Die Bildqualität der DVD ist exzellent. Gestochen scharf erstrahlen die Szenen mit einer selten gesehenen Brillanz. Die kräftigen Farben sorgen in Verbindung mit dem ausgezeichneten Kontrast für ein plastisches Bild. Rauschmuster treten fast gar nicht in Erscheinung, so dass das Bild insgesamt sehr gut ist.Tonqualität
Auch die 5.1-Tonspuren liefern in den Action-Szenen eine wuchtige Vorstellung ab, die alle Lautsprecher mit einbezieht. In den ruhigen Passagen lässt das naturgemäß ein wenig nach. Die Dialoge sind stets klar und verständlich, da die Abmischung ausgewogen ist. Die deutsche Synchronisation bildet die Dialoge ein wenig aus der Szenerie herausgehoben ab, so dass sie künstlicher wirkt als das Original.Extras
Das Bonusmaterial besteht aus dem Trailer.Fazit
Wilson Yip gießt die Stimmung der Unsicherheit, die angesichts der Übergabe Hongkongs an China herrschte, in eine Auseinandersetzung zweier Gruppen, die innerhalb des psychologisch entstandenen Chaos ihre innere Integrität mit aller Macht verteidigen. Dass dabei gesellschaftliche Regeln auf der Strecke bleiben, macht aus den Polizisten tragische Figuren. Technisch ist die DVD ausgezeichnet.Stefan Dabrock
Originaltitel | Dao huo xian (Hongkong 2007) |
Länge | 88 Minuten (Pal) |
Studio | Legend Films |
Regie | Wilson Yip |
Darsteller | Donnie Yen Louis Koo, Collin Chou, Ray Lui, u.a. |
Format | 1:2,35 (16:9) |
Ton | DD 5.1 Deutsch, Kantonesisch |
Untertitel | Deutsch |
Extras | Trailer |
Preis | ca. 18 EUR |
Bewertung | sehr gut, technisch ausgezeichnet |