Hongkong-Action-Filme der 80er und frühen 90er Jahre stehen in ihren gelungenen Varianten für bedingungslose Rasanz, dick aufgetragene Emotionen und einfache Handlungsverläufe. Im Zentrum des ersten Films der DVD „Sie schießt scharf“ steht das Polizistenehepaar Mina und ihr Mann Tsung-Pao. Gemeinsam mit den vier Schwestern ihres Mannes, die ebenfalls Polizistinnen sind, arbeitet das Ehepaar an einem Fall um eine vietnamesische Bande, die einen spektakulären Überfall auf einen Nachtklub plant. Aufgrund der Spannungen, die zwischen Mina und ihren Schwägerinnen herrschen, läuft die Polizeiaktion im Nachtklub nicht reibungslos ab. Während der anschließenden Schießerei kommen auch die Vietnamesen nicht ungeschoren davon. Ihr Anführer schwört Rache gegenüber dem Polizeiteam und beginnt einen Feldzug. Jetzt geht es um das reine Überleben.
Mit routinierter Hand inszeniert Corey Yuen die Action-Sequenzen als rasante Nummern, in denen entweder Schusswechsel oder Martial Arts zum Einsatz kommen. Dabei werden die jeweiligen Orte Nachtklub oder das Schiff im Finale gut eingesetzt, indem die speziellen Gegebenheiten für die einzelnen Kampfmanöver genutzt werden. Dieser Aspekt gehört zur Stärke einer guten Actioninszenierung, welche verschiedene Räume gerade dadurch immer wieder neu interpretiert, so dass ein faszinierender Reiz von ihnen ausgeht. Corey Yuen beherrscht das Metier sehr gut. Zu den eindrucksvollsten Szenen innerhalb des Films gehört eine absurde Stafette aus diversen Dschungelfallen, welche der Anführer der Vietnamesen in einer pausenlosen Choreographie auf die Helden einwirken lässt. Hier entfacht Regisseur Corey Yuen ein Trommelfeuer der Bewegung, das als Kulminationspunkt der dramatischen Geschichte fungiert, da sich Action und tragische Emotionalität mit einander verbinden. In diesem Sinne hat die Action innerhalb des Films auch eine erzählerische Funktion, da sie beispielsweise intensive Wut oder schicksalhafte Verwicklungen bündelt. Ihre Intensität wirkt deswegen auch in den ruhigen Szenen noch fort, so dass Yuen bei seinem Drama, das auch Tote auf Seiten der Polizei beinhaltet, mit ökonomischer Prägnanz auskommt. Ihm geht es nicht um eine differenzierte Ausarbeitung der Tragik, sondern um die Tragik an sich. Die pure Emotion soll transportiert und nicht diskutiert werden. Letzteres überlässt er dem Zuschauer, der das Gesehene reflektieren kann, wenn er denn mag.
„Die Lady des Todes“ erzählt die Geschichte einer Polizistin, deren Verlobter in krumme Geschäfte verwickelt ist. Da die beiden aber nach dem Credo verfahren, dass über Berufliches in der Beziehung nicht gesprochen werden soll, weiß die Polizistin nichts von dem Treiben ihres Verlobten. Bei einem Einsatz in Malaysia lässt sich das jedoch nicht mehr verbergen, da die Polizistin gegen den Gangsterboss vorgehen muss, dessen Sohn ihr Verlobter ist. Zur Tradition der Doppelprogramme gehört es, einen guten Film mit einem schwachen Film zu mischen. Daran hat sich Mr. Banker Films in der Vergangenheit nur unzureichend gehalten, holt das nun aber nach, denn „Die Lady des Todes“ ist nicht in der Lage, das Loyalitätsdrama der beiden Hauptfiguren entweder in prägnante Andeutungen zu gießen, die über eine symbolhafte Bildsprache das emotionale Geschehen transportieren würden, oder es differenziert auszuarbeiten.
Stattdessen entscheidet sich Regisseur Leung Chung für undramatische Ermittlungsarbeit, die nicht einmal zum Ziel führt, sowie nichtssagende Dialoge. Wenn die Polizistin bei der Familie einer gesuchten Person auftaucht, dort einem alten Mütterchen gegenüber steht, die sie zu einem Geschäft schickt, in dem die gesuchte Person arbeitet, es dann aber dort nicht einmal zu einem Treffen kommt, weil alles im Sande verläuft, dann versteht man, wie Langeweile in filmische Bilder übersetzt werden kann. Hinzu kommt eine Actioninszenierung, die es ganz im Gegensatz zum vorherigen Film nicht drauf hat. Es ist zwar sehr hübsch, wenn bei einer Verfolgungsjagd die Opponenten mit Motorrädern durch eine mehrstöckige Einkaufspassage fahren, aber es ist öde, wenn sie das nicht nur langsam tun, weil es die Sicherheit natürlich erfordert, sondern wenn das auch so gefilmt und geschnitten ist, dass man sieht, wie langsam gefahren wird. Es ist schon eine dümmliche Verschwendung, wenn man mit Cynthia Kahn eine Darstellerin parat hat, die gute Martial Arts zeigen könnte – in ein paar ganz wenigen Szenen ist das auch zu sehen -, das aber kaum tun darf, weil schwach inszenierte Schießereien oder Verfolgungsjagden die sehr rar gesäten Actionsequenzen dominieren. „Die Lady des Todes“ macht fast alles falsch, was ein Action-Film falsch machen kann, denn er besitzt weder rasante Szenen noch gelingt die Verknüpfung zwischen Emotionalität und Action. Letztere hat in diesem Film kaum eine erzählerische Funktion.
Bildqualität
Die Bildqualität des ersten Films „Sie schießt scharf“ ist für einen 20 Jahre alten Hongkong-Film sehr ordentlich. Verschmutzungen sowie Defekte sind vorhanden, aber noch in einem ordentlichen Bereich. Die Schärfe ist zwar nur unterer Durchschnitt, so dass das Bild recht matschig wirkt, aber sie ist weit entfernt vom Bodensatz. Die Farbwiedergabe schwankt zwischen kräftigen und blassen Tönen, da manche Szenen leicht ausgebleicht sind. Der Kontrast lässt mache Bilder etwas überstrahlen. Analoges Rauschen gehört bei dem Film ebenso zum guten Ton wie immer wieder Blockrauschen zu sehen ist.
Demgegenüber ist die Bildqualität des zweiten, jüngeren Films deutlich schwächer. Die Schärfe ist sehr schwach ausgefallen, so dass die Szenerie deutlich matschig wirkt. Verschmutzungen oder Defekte sind immer wieder sichtbar. Die Farben haben eine durchschnittliche Intensität. Der Kontrast ist flau, so dass kein gut ausdifferenziertes Bild vorhanden ist. Bei Bewegungen kommt es zu Nachzieheffekten. Immer wieder spielt sich deutliche Blockbildung in den Vordergrund. Analoges Rauschen ist ebenfalls sichtbar. Ein schwacher, visuell sehr anstrengender Transfer.
Tonqualität
Beide Filme haben neben der deutschen Tonspur auch eine kantonesische, die aber nicht nur nicht auf dem Cover angegeben ist, sondern sich auch nicht über das Menü aufrufen lässt. Erst beim laufenden Film ist es möglich, die Tonspur zu wechseln und die englischen Untertitel aufzurufen.
Beide Tonspuren des Films „Sie schießt scharf“ bieten verständliche Dialoge. Das leichte Hintergrundrauschen stört nicht. Insgesamt verfügen die Tonspuren über ein eingeschränktes Volumen, so dass sie nicht so kraftvoll wirken. Dennoch können die Actionsequenzen ihre Wirkung entfalten. Leichte Verzerrungen spielen sich nicht in den Vordergrund. Trotz des gut hörbaren Hintergrundrauschens beim deutschen Ton lassen sich die Dialoge des Films
„Die Lady des Todes“ gut verstehen. Dennoch wirkt das Rauschen störend. Die Dialoge des Originaltons sind weniger verrauscht, wirken aber etwas dumpfer als die klarere deutsche Synchronisation. Verzerrungen sind hier weniger als bei „Sie schießt scharf“ ausgeprägt.
Extras
Das Bonusmaterial besteht aus einem Trailer zu „Sie schießt scharf“.Fazit
„Sie schießt scharf“ verknüpft sein emotionales Drama auf gute Weise mit rasanten Actionszenen, so dass seine intensive Wirkung entfalten kann, während „Die Lady des Todes“ sowohl auf der Drama- als auch auf der Actionebene scheitert. Technisch ist „Sie schießt scharf“ vor dem Hintergrund des Filmalters sowie des Produktionsortes recht ordentlich, „Die Lady des Todes“ macht auch hier nur eine schwache Figur.Stefan Dabrock
Originaltitel | Huang jia nu jiang aka. She shoots straight (Hongkong 1990) / Wei qing zhui zong aka.(Hongkong 1996) |
Länge | 89 / 84 Minuten (PAL) |
Studio | Mr. Banker Films |
Regie | Corey Yuen / Leung Chung |
Darsteller | Joyce Godenzi, Tony Leung Ka Fai, Carina Lau, Wah Yuen, Sammo Hung Kam-Bo, u.a. / Cynthia Khan, Chin Siu Ho, May Chun, Phillip Ko, u.a. |
Format | 1:1,78 (16:9) / 1:1,85 |
Ton | Mono Deutsch, Kantonesisch |
Untertitel | Englisch |
Extras | Trailer (Sie schießt scharf) |
Preis | ca. 10 EUR |
Bewertung | gut / schwach, technisch recht ordentlich / technisch schwach |