Vampire und Tanzen

Dracula in Pakistan

Dracula in PakistanDank der ungemein zahlreichen DVD-Veröffentlichungen ergibt sich immer wieder die schöne Gelegenheit, einen Blick auf obskure Werke zu werfen. „Dacula in Pakistan“ gehört in jedem Fall dazu, wird hier doch die berühmte westliche Vampirgeschichte in das titelgebende Land verlegt. Durch ein Selbstexperiment verwandelt sich Professor Tabani in einen Vampir, der ganz nach dem klassischen Muster tagsüber in einem Sarg schläft und des nachts neue Opfer sucht. Dr. Aquil gelangt bei seinen Nachforschungen in Tabanis Haus und muss schon bald einsehen, dass das Spiel mit der Gefahr nicht für jeden geeignet ist. Sein Versuch, Dracula sowie dessen Assistentin endgültig ins Reich der Toten zu schicken, endet bei der Assistentin. In Dracula findet Dr. Aquil seinen Meister. Aquils Bruder macht sich auf die Suche nach dem Verschwundenen. Dabei entdeckt er Draculas schreckliches Geheimnis, kann jedoch zunächst niemanden von der Existenz eines Vampirs überzeugen. Im Kampf gegen Dracula benötigt er aber jede Hilfe.

Ganz offensichtlich haben die Macher die Geschichte in die 60er Jahre verlegt, als der Film gedreht wurde. Die zentralen Meilensteine wurden aber beibehalten. Das Gasthaus im Dorf am Fuße des Schlosses ist einem Hotel mit amüsanter Bar gewichen. Das Schloss ist ein opulentes Landhaus. Aus Kutschen wurden Autos. Dramaturgisch sowie visuell wirkt der Schwarzweiß-Film wie eine Mischung aus dem Dracula der Universal Studios mit Bela Lugosi (1931) und der Dracula in Pakistan Hammer-Verfilmung mit Christopher Lee (1958). Da man sich bei sehr guten Vorbildern bedient hat, gelingt eine ausdrucksstarke Kameraarbeit, welche die Geschichte entsprechend expressiv in Szene setzt. Selbst die unglaublich theatralen Gesten des Dracula-Darstellers Rehan haben einen gewissen Charme. Ganz besonders seltsam wird der Film allerdings immer in den Momenten, in denen Gesang und Tanz das Zepter übernehmen. Das kennt man zwar aus jedem Bollywood-Film, ist dort aber bei den gelungenen Werken Ausdruck emotionaler Vorgänge der Geschichte, die mit Hilfe der Lieder in einem farblichen Showrausch verstärkt werden. Hier ist es Ausdruck eines kulturellen Spannungsverhältnisses. Dem pakistanischen Publikum soll die ungewohnte Geschichte mit Hilfe vertrauter Gestaltungsmittel verkauft werden. Das Ergebnis ist eine filmische Merkwürdigkeit, die aber nicht nur als bizarres Produkt funktioniert, sondern die Geschichte mit ihren emotionalen Verwicklungen sowie dem fantastischen Horroraspekt absolut ernst nimmt. Aus westlicher Sicht ein spannender Ausflug ins Raritätenkabinett.

Bildqualität

Angesichts des Filmalters und der Herkunft ist es nicht verwunderlich, dass immer wieder Dreckspuren und Bilddefekte zu sehen sind. Sie bleiben aber in einem erträglichen Maß, so dass der Film sehr gut guckbar ist. Die Schärfe siedelt sich auf einem soliden Niveau an. Der Kontrast fällt Dank des Schwarzweißmaterials, welches gegenüber Farbfilmen stets weniger stark altert, gut aus. Störendes Rauschen gibt es nicht.

Tonqualität

Der Urdu-Mono-Ton kommt seinem Alter angemessen mit Verzerrungen daher, so dass die Dialoge leicht schrebbeln und die Musik eine unsaubere Darstellung der Höhen aufweist. Rauschen ist kaum vorhanden.

Extras

Die 25minütige Dokumentation über südasiatisches Horrorkino behandelt Filme aus Südindien, Bollywood und Lollywood (letzteres abgeleitet vom Produktionsort Lahore in Pakistan), die zumeist aus den 80ern und frühen 90er Jahren des 20. Jahrhunderts stammen. Die Dokumentation wirft einen faszinierenden Blick auf einen Filmboom, der sehr seltsam anmutende Werke hervorgebracht hat, die zumindest teilweise hoffentlich auch hierzulande auf DVD veröffentlicht werden. Filmkritiker Omar Khan ordnet einzelne Produktionen ein und arbeitet deren typischen Stil heraus. Daneben kommen Dracula in Pakistanan den Produktionen Beteiligte in Interviewpassagen zu Wort. Im Beitrag Interviews (etwa 12 Minuten) kommen der Regisseur, der Hauptdarsteller und der Produzent des Films sowie Journalisten zu Wort, die in Erinnerungen angesichts der Produktion schwelgen und etwas zur Zensurproblematik sagen. Insgesamt ebenfalls sehenswert. Beide Beiträge sind in englischer Sprache beziehungsweise englisch untertitel, da es sich um Material von der amerikanischen Mono Macabro DVD handelt. Leider hat Rapid Eye Movies nicht auch den dort enthaltenen Audiokommentar lizensiert. Ein Trailer rundet das Bonusmaterial ab.

Fazit

„Dracula in Pakistan“ funktioniert prächtig als ebenso atmosphärische wie skurrile Interpretation des berühmten Vampirmythos. Technisch ist die DVD akzeptabel.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Zinda Laash (Pakistan 1967)
Länge 104 Minuten (Pal)
Studio Rapid Eye Movies
Regie Khwaja Sarfraz
Darsteller Rehan, Asad Bukhari, Ala-Ud-In, Habib, u.a.
Format 1:1,33 (4:3)
Ton DD 2.0 Mono Urdu
Untertitel Deutsch
Extras Interviews, Dokumentation über südasiatisches Horrorkino
Preis ca. 14 EUR
Bewertung gut, technisch akzeptabel