Lass Dein Herz niemals zurück

Deadly Nam

Deadly NamAusflüge in die deutsche Amateurfilm-Szene offenbaren oftmals tiefgehende Einblicke in den psychologisch derangierten Zustand der deutschen Landjugend. Die Ergebnisse sind dann ermüdend statt unterhaltsam. „Deadly Nam“ dagegen ist unterhaltsam statt ermüdend. Erzählt wird das Patrouillenunternehmen des 102. Recon-Squads der US-Armee in einem feindlich kontrollierten Gebiet Vietnams. Vollständig auf sich allein gestellt, müssen die Männer Sprengfallen, vietnamesischen Kämpfern und der unerträglich bedrückenden Atmosphäre des Dschungels trotzen. Als sie bei einem Scharmützel mit einer Charlie-Einheit eine Karte finden, auf der eine feindliche Stellung verzeichnet ist, wissen die amerikanischen Soldaten, was ihre Pflicht ist. Sie machen sich auf den Weg, um den Sektor unter Kontrolle zu bringen.

Natürlich muss man sich auch bei „Deadly Nam“ nicht der Illusion hingeben, man bekäme taugliche, schauspielerische Leistungen zu sehen. Die Darsteller agieren mit typisch überdimensionaler Sprechweise und entsprechenden Gesten, wie es im Prinzip ein jeder Erdenbürger auch beherrscht. Aufgrund dieser Limitierung kann es auch nicht Deadly Namdas Ziel eines Films wie „Deadly Nam“ sein, ein bitterernstes Drama mit glaubwürdigen Charakteren zu erzählen. Es geht vielmehr darum, aus der schauspielerischen Not eine amüsante Tugend zu machen. Die archetypischen Figuren der amerikanischen Einheit – da gibt es beispielsweise den waffenliebenden Draufgänger, den verschüchterten Sensiblen, den Kommandanten, der nur daran denkt, seine Jungs heil nach Hause zu bringen - dürfen Sätze wie „Wenn Ärger kommt, dann mähen wir die einfach um wie mit nem Rasenmäher“ oder „Schicken sie mir einen verkackten Helikopter her, und zwar pronto“ zum Besten geben. Dazu untermalt eine bombastisch anmutende Musik den Marsch der Soldaten durch den Dschungel, der in Wirklichkeit ein norddeutscher Wald ist.

Das Zusammenspiel dieser irrealen Elemente verleiht dem Film eine groteske Grundstimmung, die das Geschehen wie einen dauerhaften Spaß ablaufen lässt. Der in der Musik zum Ausdruck kommende Pathos, der aus den filmischen Vorbildern für „Deadly Nam“ hinlänglich bekannt ist, bricht vollkommen in sich zusammen, sobald wieder einmal einer der markigen Sätze mit absurdem Tonfall vorgetragen wird. Das Ergebnis ist teilweise brüllend komisch. Als einem gefallenen Kameraden das Herz herausgenommen wird, da es zu beschwerlich wäre, die Leiche zu transportieren, die Soldaten ihren Kameraden aber nicht vollständig zurück lassen wollen, entwickelt der Film geradezu surreale Qualitäten archaisch-übersteigerter Kameradschaft. Glücklicherweise wurde es vermieden, den Film künstlich zu strecken, um auf eine klassische Spielfilmlänge zu kommen. Schießereien und Splatter werden nicht inflationär, sondern wohl dosiert eingesetzt, so dass sich in der Dramaturgie eine ausgewogene Balance zwischen Ruhe und Action ergibt. Damit erreicht der Film zwar nicht ganz das Niveau eines Werkes wie „Operation Dance Sensation“, aber er wandelt eher auf dessen Spuren, als sich in den Niederungen der Tumbheit sonstiger Amateurproduktionen zu suhlen.

Bildqualität

Die Bildqualität fällt erwartungsgemäß eher Schwach aus. Die Schärfe kommt über niedriges, durchschnittliches Niveau nicht hinaus, da das Geschehen stets matschig wirkt. Die Farben sind künstlich intensiv, so als habe man durch eine Verstärkung des Grüns, das zudem einen Braunstich besitzt, den Dschungeleffekt erhöhen wollen. Helle Bildbereich wirken oftmals nahezu gleißend, weil der Kontrast nicht ganz ausgewogen ist. Das Bild ist in sich sehr unruhig, so dass sich die Blätter nicht nur im Wind bewegen.

Tonqualität

Leider wurde der Ton nur mangelhaft abgemischt, so dass das Verhältnis der Dialoge zu den restlichen Geräuschen und der Musik wenig erfreulich ausfällt. Die Dialoge lassen sich nur dann verstehen, wenn die Lautstärke hoch eingestellt wird, dann aber sind Musik und Umgebungsgeräusche unangenehm laut.

Extras

„Kriegstagebücher“ (37 Minuten) besteht aus Interviews mit dem Regisseur und einigen Darstellern, B-Roll-Material und Aufnahmen der Premiere in Deadly Nameinem Bremer Kino. Die Interviews liefern amüsant erzählte Erinnerungen an die Dreharbeiten, so dass die Produktionsbedingungen und die Absichten hinter dem Film deutliche werden. Ein paar Anekdoten würzen die jeweiligen Erzählungen. In „Die Filmmusik“ (sieben Minuten) kommt der Komponist Jan Glembotzki zu Wort, der zunächst seine Bedenken angesichts des Vietnam-Themas ausführt und dann den Entstehungsprozess der Musik erläutert. Wie „Kriegstagebücher“ informativ. Der Beitrag „Team Film“ (etwa 2 Minuten und 30 Sekunden) zeigt zu E-Gitarren dominierter Musik B-Roll-Material, das zum Teil bereits aus „Kriegstagebücher bekannt ist. Völlig überflüssig. Das Musikvideo zum Soundtrack-Titel „America“ (Minion), eine Bildergalerie und der Trailer runden das Bonusmaterial ab.

Fazit

„Deadly Nam“ macht aus der schauspielerischen Not eine amüsante Tugend und nutzt die Limitierungen der Darsteller für die Entwicklung übersteigerten Pathos und die Ausstellung seiner klischeehaften Charaktere, um letzten Endes zu einer Groteske zu werden. Technisch ist die DVD aufgrund der Produktionsbedingungen schwach.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Deadly Nam (BRD 2006)
Länge 67 Minuten (Pal)
Studio Ascot-Elite
Regie Markus Hagen
Darsteller Hendrick Thiele, Samuel Müller, Urs Peter Hagedorn, Florian Gillwald, u.a.
Format 1:1,78 (4:3)
Ton DD 2.0 Deutsch
Untertitel -
Extras Kriegstagebücher, Trailer, u.m.
Preis ca. 9 EUR
Bewertung amüsant, technisch bescheiden