Metall und Elektronik

Cyberpunk Double Feature - "Tetsuo - The iron man" und "Electric Dragon - 80.000V"

Ein Büroangestellter entdeckt morgens ein Stück Metall, dass er aus seinem Gesicht fischt. Auf dem Weg zur Arbeit wird er in der U-Bahn von einer Frau angegriffen, die eine Metallhand besitzt und auch unser Büroangestellter verwandelt sich immer mehr zu einer seltsamern Mutation aus Metall und Mensch. Da "Tetsuo" kein klassischer Erzählfilm ist, bleibt die reine Geschichte eine recht dünne Angelegenheit. Der Witz bei Shinya Tsukamotos Experimentalfilm liegt in der clipartigen Montage der groben Schwarzweißbilder, die durch einen famosen Industrialsoundtrack unterlegt ist. Das immerwährende Hämmern auf der Tonspur erzeugt eine angsterfüllte, geradezu paranoide Atmosphäre, die durch die bizarre Symbiose des Menschen mit Metall vortrefflich unterstützt wird. Faszination und Abstoßung machen sich während der guten Stunde des Films gleichermaßen breit. Angst vor der technisierten Welt spiegelt sich in "Tetsuo" ebenso wieder wie der Film als eine Vision des zukünftigen Menschen funktioniert, der immer mehr mit den Errungenschaften seiner technischen Umgebung verschmilzt. Und das muss nicht unbedingt negativ sein.

Demgegenüber setzt Sogo Ishii in seinem Schwarzweißfilm auf das mangaartige Duell zweier Protagonisten. Auf der einen Seite steht Dragon Eye Morrison, der als Kind einen Blitzschlag abbekommen hat. Seitdem spielt die Elektronik eine zentrale Rolle in seinem Leben, denn er besitzt nun Superkräfte. Um diese zu zügeln, muss er sich regelmäßig entladen. Des Öfteren spielt er sich auf einer E-Gitarre deswegen auch die Seele aus dem Leib. In seiner Freizeit sucht er nach entlaufenen Reptilien. Ihm gegenüber steht Thunderbolt Buddha, der ebenfalls zu stark unter Strom gesetzt wurde, in seiner Freizeit Handy-Gespräche abhört und gegen Dragon Eye Morrison kämpfen will.
Sogo Ishii inszeniert seinen Film als furioses Stakkato einzelner Szenen. Wirklich alles an diesem Werk steht, man verzeihe bitte das etwas billige Wortspiel, unter Hochspannung. Alles ist Stilisierung, denn es geht letztlich nur um die archaische Geschichte des Kampfes, um ein großes Kräftemessen, das sich im Showdown schließlich entlädt. Dabei spiel die seelische Zerrissenheit der beiden Charaktere, die das gleiche erlebt haben, aber in andere Richtungen drifteten, eine zentrale Rolle. Gut gegen Böse findet hier erneut den Weg auf die Leinwand. Ishii inszeniert dies auf höchst experimentelle Weise und mit hohem Tempo.

Bildqualität

Beide Filme sind hinsichtlich der Bildqualität letztlich nicht auf traditionelle Weise bewertbar. "Tetsuo", der auf 16mm gedreht wurde, besitzt natürlich ein rohes Bild mit nur mäßiger Schärfe. Dass kommt der atmosphärischen Wirkung seiner wilden Schnittkollage aber entgegen und so ist es auch auf der DVD enthalten. Gleiches gilt für den Kontrast, der bisweilen zu steil wäre, aber im Kontext des Experimentalfilms genau richtig wirkt. Selbstverständlich ist das Bild körnig.
Für "Electric Dragon" gilt ähnliches, wenn auch das verwendete Filmmaterial hochwertiger ist, so dass der Film insgesamt schärfer wirkt. Hier wäre auch unter Umständen noch ein bisschen mehr drin gewesen. Kontrast und Schwarzlevel machen in jedem Fall eine gute Figur. Insgesamt ist die Bildqualität gut.

Tonqualität

Der japanische 2.0-Ton bei "Tetsuo" ist völlig in Ordnung. Der atmosphärische Soundtrack wird gut wiedergegeben, so dass sich die Wirkung des Films entfalten kann. Die deutsche 5.1-Spur wartet nicht mit wirklichem Surroundsound auf, sondern sie wirkt nur etwas voluminöser. Wirklich notwendig ist sie aber nicht.
Auch "Electric Dragon" besitzt den japanischen Originalton nur in der 2.0-Variante. Dieser ertönt ohne nennenswerte Schwächen aus den Boxen, so dass sowohl die Musik als auch die Dialoge ordentlich wiedergegeben werden. Auch hier existiert ein deutscher 5.1-Track, der jedoch kaum etwas bringt.

Extras

Sehr schön ist, dass die "Tetsuo"-DVD den Kurzfilm "The Phantom of regular Size" von Shinya Tsukamoto enthält, der als eine Art Vorstufe funktioniert. Die Sektion Deleted Scenes enthält hauptsächlich längere Versionen im Film enthaltener Szenen, die man nicht wirklich braucht. Der Trailer rundet das Bonus-Material ab.
Die "Electric Dragon"-DVD enthält keine nennenswerten Extras. Das sehr kurze Interview mit Tadanobu Asano ist wenig interessant. Zusätzlich ist der Trailer enthalten.

Fazit

Mit dem Cyberpunk Double-Feature ("Tetsuo - The iron man", "Electric Dragon - 80000V") hat Rapideye auf stimmige Weise zwei wilde japanische Werke zusammengefasst. Freunde des Experimentalfilms sowie der Mangakultur sollten einen Blick wagen. Technisch sind die DVD gut, das Bonus-Material ist eher schwach.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Tetsuo (Japan 1989) - Electric Dragon - 80.000V (Japan 2001)
Länge 67 Minuten und 55 Minuten (Pal)
Studio Rapid Eye
Regie Shinya Tsukamoto - Sogo Ishii
Darsteller Tomorowo Taguchi, Kei Fujiwara, u.a. - Tadanobu Asano, Masatoshi Nagase, u.a.
Format 1:1,33 - 1:1,85 (16:9)
Ton DTS Deutsch, DD5.1 Deutsch, DD 2.0 Japanisch - DTS Deutsch, DD5.1 Deutsch, DD 2.0 Japanisch
Untertitel Deutsch
Extras Kurzfilm "The Phantom of regular Size", Deleted Scenes, Trailer - "Tadanobu Asano in Berlin, Trailer
Preis ca. 25 EUR
Bewertung gut, Bonusmaterial leider schwach