Des Killers Monologe

Curse of the Zodiac

Curse of the ZodiacUlli Lommel verzeichnete in den letzten Jahren einen enormen Ausstoß diverser Serienkiller-Filme. Allein im Jahr 2005 entstanden mit „Zodiac Killer“, „B.T.K. Killer“, „Green River Killer“ und „Killer Pickton“ vier Serienkiller-Interpretationen aus Lommels Sicht. Der 2007 gedrehte „Curse of the Zodiac“ beschäftigt sich – wie dem Titel leicht entnommen werden kann – mit dem Zodiac-Killer (Lommels 2005 entstandener „Zodiac-Killer“ tut das übrigens nicht, stattdessen geht es dort um einen Nachahmungstäter). Auf eine klassische Inhaltsangabe kann man hier getrost verzichten, denn der Film bietet kein Erzählkino auf Basis eines dramaturgischen Spannungsbogens. In Form einer Collage reiht Lommel die Morde aneinander, unterbrochen durch Szenen mit einem Journalisten, der Anrufe vom Zodiac-Killer erhält, einer Frau, welche die Morde vorausahnt, und Aufnahmen der Golden Gate Bridge. Im Laufe des Films arbeiten der Journalist und die medial veranlagte Frau schließlich auf der Suche nach dem Zodiac-Killer zusammen. Der Mörder selbst taucht jenseits seiner Taten zwischendurch immer wieder in sehr kurzen Szenen auf, die ihn in der Stadt oder an der Golden Gate Bridge zeigen. Am prägnantesten aber sind seine monologischen Anrufe beim Journalisten und an die medial veranlagte Frau gerichtete Tiraden, welche diese möglicherweise auf telepathischem Wege erreichen sollen.

Lommels Film will nicht nur kein Erzählkino sein, er strebt auch keine Aufarbeitung des Falls im Sinne einer historischen Nachzeichnung an, so dass Vergleiche mit der realen Geschichte sowie realen Personen sinnlos bleiben. Stattdessen strebt Lommel mit Hilfe diverser Motive aus dem realen Fall eine gesellschaftliche Interpretation der damaligen Zeit an, aus der schließlich auch der Zodiac heraus geboren wurde. Dabei liefert der deutsche Regisseur eine große Angriffsfläche, um sich über seinen Film lustig zu machen. Die niedrigen Produktionskosten Curse of the Zodiac sorgen in Verbindung mit der daraus resultierenden Videooptik einer scheinbar nicht allzu guten Kamera – sollte die technische Ausstattung doch höherwertig sein, hätte Lommel entweder absichtlich auf eine Amateuroptik gesetzt oder es nicht besser gekonnt – für mittelscharfe, schlecht kontrastierte Bilder. Lippenbewegungen und Ton sind im englischen original nicht synchron, was keineswegs an einer zu früh oder zu spät positionierten Tonspur im DVD-Produktionsprozess liegt, da die Asynchronität unregelmäßig ist. Die Schauspieler rangieren zwischen mittelmäßig und schlecht. Da Lommel aber kein Erzählkino abliefert, sind diese auf das erzählerische Niveau abzielenden Kritikpunkte tendenziell nachrangiger Natur. Entscheidend für eine Bewertung des Films ist eher die Qualität der Collage.

Auf der inhaltlichen Ebene fällt dabei auf, dass der Zodiac-Killer mit einer Ausnahme nur Frauen tötet, die sich gerade mit Ihren mickrigen Männergestalten gestritten haben. Dabei geht es oftmals um persönliche Entscheidungen der Frauen, welche die Männer nicht mittragen wollen, oder um Verantwortung, vor der die Männer weglaufen. Wie ein Phantom taucht dann stets der Zodiac-Killer auf, um als wütender Scharfrichter des Schicksals diese Frauen stellvertretend für die einer solchen Tat unfähigen Männer ins Jenseits zu befördern. Lommels Mörder ist folglich so etwas wie verzweifelte sowie psychisch gestörte Reaktion auf ein Auseinanderbrechen des patriarchalen Geschlechtergleichgewichts. Frauenfeindlich ist das natürlich nicht, denn der Film erweckt keinerlei Sympathien für das Geschehen. Stattdessen interpretiert Lommel über die Curse of the ZodiacFigur des Killers die männliche Abwehrreaktion als psychische Störung, die im schlimmsten Fall in Killerhandlungen endet. Dabei bleibt der Mörder eine irreale Schreckensvision, die Ängste und Gefahren sinnbildlich verdeutlichen soll. Soweit das intellektuelle Konzept der Collage, das sich entschlüsseln lässt. Die Bilder indes unterstützen die Interpretation nur insoweit, als der Killer selbst durch schnelle Schnitte, Unschärfen und weitere Stilmittel tatsächlich eine phantomartige Präsenz erhält. Ansonsten bieten sich weder assoziative Ansätze noch ausdrucksstarke Bilder. Hier scheitert der Collage-Stil völlig, da er gerade visuelle Verknüpfungen erstellen müsste, wenn er nicht nur Einzelteile präsentieren will. Eine zusammenhaltende Erzählung existiert ja nicht. So bleibt der Film ein gut gemeintes Experiment, das nach 40 Minuten Laufzeit bereits alles gesagt hat und in seiner gleichförmig-repetitiven Struktur der Morde, den Monologen des Killers, den Aufnahmen der Golden Gate Bridge und den digitalen Verfremdungseffekten, auf die ich hier nicht mehr eingehen will, ertrinkt.

Bildqualität

Gegen die Bildqualität der DVD lässt sich kaum etwas sagen, denn der Film gefällt sich in einer experimentellen Optik, die Unschärfen, einen flauen Kontrast und teilweise verfremdete Farben zum Konzept erhebt. Möglicherweise gehen die Nachzieheffekte auf das Konto der DVD, aber auch das ist nicht sicher. Das in sich bewegliche Bild bleibt als einzige eindeutige Schwäche des Silberlings übrig.

Tonqualität

Die Dialoge sind sowohl auf englisch als auch auf deutsch klar und verständlich. Während die deutsche Spur etwas zu leise ausfällt – eine Schwäche der DVD – geht die Asynchronität der englischen Spur auf Lommels Konto. Wer es unbedingt möchte kann sich auch einen deutschen 5.1-Upmix anhören.

Extras

Bonusmaterial existiert nicht.

Fazit

„Curse of the Zodiac“ ist ein beinharter Experimentalfilm geworden, dessen repetitive Struktur andeutet, dass Ulli Lommel lieber einen Kurzfilm hätte drehen sollen. Intellektuell durchaus interessant scheitert Lommel an der künstlerischen Fähigkeit, eine visuell tragende Collage-Struktur zu entwickeln. Technisch ist die DVD gut, da sie den experimentellen Stil kongenial wiedergibt.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Curse of the Zodiac (USA 2007)
Länge 82 Minuten (Pal)
Studio Sunfilm
Regie Ulli Lommel
Darsteller Cassandra Church, Jack Quinn, John E. Nimetz, Victoria Ullmann, u.a.
Format 1:1,85 (16:9)
Ton DD 5.1 Deutsch, DD 2.0 Deutsch, Englisch
Untertitel -
Extras -
Preis ca. 18 EUR
Bewertung gescheitert, technisch gut