Begrenzter Raum erzeugt Druck, so dass psychologisch begründete Spannung im Kammerspiel effektive Erfolge feiert. Der alte Frachter „The Gull“ ist so ein begrenzter Raum. Ein deutscher Rucksacktourist schleicht sich an Bord des rostigen Schiffs, weil die Ordnungskräfte eines afrikanischen Landes seinen Pass einbehalten haben. Da der Tourist in einer Hafenkneipe von der Besatzung erfährt, dass der Frachter nach Marseille unterwegs ist, sieht er seine Chance gekommen, europäischen Boden zu erreichen. Als er auf hoher See entdeckt wird, merkt er, dass die raue Besatzung unter dem Regime des undurchsichtigen Kapitäns auf neugierige Besucher nicht gut zu sprechen ist. Während der junge Deutsche in der Küche für seine Überfahrt arbeitet, wird er immer öfter mit bedrohlichen Ausfällen seitens der Mannschaft konfrontiert, welche den Druck stetig erhöhen. Frühere Ereignisse scheinen die Besatzungsmitglieder zu einer Schicksalsgemeinschaft zusammen geschweißt zu haben, die auf Dauer keine Fremden duldet.
Schon Georg Tressler bewies 1959 mit seiner B. Traven Verfilmung „Das Totenschiff“, indem ein glänzend aufgelegter Horst Buchholz aus Not auf einem abgewrackten Kahn anheuert, wie effektiv der abgeschlossene Handlungsort Frachter zur Spannungsinszenierung genutzt werden kann. 47 Jahre und viele Weiterentwicklungen auf dem Gebiet des Thrillers beziehungsweise Horrorfilms später liefert Regisseur Clive Gordon ein beunruhigendes Stück Kino ab, das neben dem Ort ohne Fluchtmöglichkeit eine beängstigende Tonkulisse nutzt. Metallisches Knarren und Schlagen hüllt die Menschen, welche sich auf dem Frachter befinden, immer wieder von allen Seiten ein. So gesellt sich zur räumlichen Gefängnissituation, in welcher sich der deutsche Tourist befindet, eine akustische Mauer, die noch bedrohlicher wirkt, weil sie unsichtbar bleibt. Als amorphe, schwer erfassbare Kraft reflektiert sie die Abgründe der Besatzungsmitglieder und des Kapitäns, welche nur selten offene Gewalt ausüben. Die Spannung entsteht vielmehr durch ihr unnahbares Handeln, dessen psychologische Wirkung Angst auf der Seite des deutschen Touristen erzeugt, aber wiederum selbst die Angst der Mannschaft wieder spiegelt. So lotet Clive Gordon in seinem Kammerspiel nicht nur die Abgründe der menschlichen Seele aus, sondern er analysiert auch das Gewaltpotential, das im Aufeinandertreffen zweier unsicherer Parteien liegt. Die Angst des deutschen Touristen und die Angst der Frachterbesatzung heben sich nicht auf, sondern schaukeln sich gegenseitig hoch, bis der Spannungsdruck einen Ausweg benötigt. Insofern ist „Cargo“ lupenreiner psychologischer Horror, weil es mehr um die Kraft der Vorstellung als um die der Realität geht. Daraus schöpft der Film zusätzliches tragisches Potential, das die Geschichte veredelt.
Bildqualität
Die Bildqualität erweist sich dem aktuellen Film würdig. Ohne analoge Störungen ist die Schärfe fast immer gut, nur bei Bewegungen kann sie bisweilen etwas abfallen. Die Detailzeichnung überzeugt. Die Farben sind kräftig und unterstützen die unheimliche Atmosphäre des Films. Der Kontrast sorgt für ein plastisches Bild, nur ganz selten Überstrahlen einzelne Bildbereiche ein wenig. Rauschmuster treten nicht in Erscheinung.Tonqualität
Der 5.1-Ton überzeugt durch die vielfältigen atmosphärischen Geräusche, welche auf alle Boxen verteilt werden. Dadurch erhöht sich das Spannungspotential der Erzählung. Die Dialoge sind klar und verständlich. Wie so häufig wirkt die deutsche Synchronisation durch weniger gut eingebettete Dialoge etwas künstlich. Störendes Rauschen tritt nicht auf.Extras
Das 18minütige Making Of bietet mit seiner Mischung aus Interviews und Filmausschnitten neben Aussagen zum Inhalt auch Informationen über das visuelle, erzählerische und musikalische Konzept sowie zur Entstehung des Films. Dabei kommen unter anderem Regisseur Clive Gordon, Drehbuchautor Paul Laverty und die Darsteller Daniel Brühl sowie Peter Mullan zu Wort. Eine Fotogalerie und zwei Trailer runden das Bonusmaterial ab .Fazit
Regisseur Clive Gordon nutzt die klaustrophobische Atmosphäre auf einem Frachschiff zu einer gespenstischen Mischung aus psychologischen Thriller und Horrorfilm mit sozialkritischem Einschlag. Technisch ist die DVD sehr gut.Stefan Dabrock
Originaltitel | Cargo (Spanien/Schweden/GB 2006) |
Länge | 88 Minuten (Pal) |
Studio | Legend Films |
Regie | Clive Gordon |
Darsteller | Daniel Brühl, Peter Mullan, Luis Tosar, Samuli Edelmann, u.a. |
Format | 1:2,35 (16:9) |
Ton | DTS Deutsch, DD 5.1 Deutsch, Englisch |
Untertitel | Deutsch |
Extras | Making Of, Bildergalerie, Trailer |
Preis | ca. 17 EUR |
Bewertung | gut, technisch sehr gut |