Kannibalen statt Hexe

Cannibals – Welcome to the Jungle

Im Jahr 1961 verschwand Michael Rockefeller, Sohn des Gouverneurs Nelson Aldrich Rockefeller, bei einem Bootsunfall auf einer Neuguinea-Expedition. Drei Jahre später lies ihn seine Familie für tot erklären, eine Leiche wurde nie gefunden. Stattdessen kursieren diverse Theorien über die damaligen Ereignisse, die zumeist entweder die These vertreten, Rockefeller sei von Kannibalen verspeist worden, oder den Gerüchten Glauben schenken, unter den Eingeborenen sei an verschiedenen Orten mehrfach ein bärtiger, weißer Mann gesichtet worden. Die mysteriösen Umstände des Verschwindens faszinieren auch die vier jungen Leute – zwei Liebespaare -, die sich in „Cannibals – Welcome to the Jungle“ auf den Weg nach Neuguinea machen, um Licht in das Dunkel der Vergangenheit zu bringen. Mit Hilfe einer Videoausrüstung wollen sie ihr Unterfangen dokumentieren. Kurz nach dem Eintreffen auf Neuguinea tritt die Unterschiedlichkeit der Charaktere zu Tage, die sich an der Grenzlinie zwischen den beiden Paaren manifestiert. Während der Dschungel immer wilder wird, bleibt die Harmonie innerhalb des Teams auf der Strecke. Als einer der vier Abenteurer eine Eingeborenengrabstätte schändet, wird die Bedrohung durch die Ureinwohner immer größer.

Die Technik, einen Film mit Hilfe der „dokumentarischen“ Aufnahmen der Protagonisten zu erzählen, ist spätestens sein „Blair Witch Project“ (Regie: Daniel Myrick, Eduardo Sánchez, 1999) einem breiteren Publikum bekannt. Da sie aber zuvor bei anderen Werken erprobt war – unter anderem arbeitete Rugero Deodato bei „Cannibal Holocaust“ (1980) und Rainer Erler bei „Die Delegation“ (1970) auf diese Weise – hat die frappierende Ähnlichkeit zwischen „Blair Witch Project“ und „Cannibals – Welcome to the Jungle“ noch andere Gründe. Die gesamte Erzählung entwickelt sich in den zentralen Punkten auf die gleiche Weise. Die schlecht vorbereiteten Expeditionsmitglieder geraten über die sinnvolle Durchführung der Expedition in Cannibals einen Streit, der immer wieder hoch kocht. Das führt schließlich dazu, dass sie kaum noch in der Lage sind, den Gefahren adäquat zu begegnen. Innerhalb der Gruppe befindet sich ein Idiot, der die Situation durch seine Dummheit verschlimmert. In „Blair Witch Project“ wurde die Karte weggeworfen, in „Cannibals...“ schändet der Gruppentrottel die Grabstätte eines Kannibalenstamms. Statt einer Hexe lauern die Kannibalen im Wald. Die Idee mit „Blair Witch Project“ einen Film zu kopieren, der nicht durch seine Schauwerte, sondern vor allem aufgrund des Überraschungseffektes seine Wirkung entfalten konnte, gehört sicher zu den dümmsten Ideen im Filmgeschäft der letzten Jahre. Alles was bei „Blair Witch Project“ für den Großteil des Publikums neu war, ist inzwischen ein alter Hut, dessen neu aufgekochter Sud extrem fade schmeckt. Gleichzeitig steigert „Cannibals...“ die Inkompetenz seiner Protagonisten soweit, dass man das Gefühl nicht los wird, diese Dummköpfe haben durchaus verdient, was sie bekommen. So wird aus einem vermeintlichen Spannungsfilm eine Art Dschungelshow, in der die handelnden Personen als unzulängliche, erbärmliche Kreaturen vorgeführt werden. Wenn Mitleid nicht mehr möglich ist, dann kann sich entweder die Lust einstellen, das Scheitern mit Ergötzen zu beobachten, oder aber die Langeweile angesichts der Belanglosigkeit übernimmt das Regiment. Beides ist kein Kompliment für den Film.

Bildqualität

CannibalsDer Film kopiert den Stil, mit DV-Kameras gedrehter Urlaubsvideos, so dass die scheinbaren Schwächen lediglich Teil des visuellen Stils sind. Vor diesem Hintergrund überzeugt die DVD mit einer guten Bildqualität, die im Rahmen des Konzepts mit einer ordentlichen Schärfe, gelungen schmuddeligen Farben und einem guten Kontrast aufwartet. Gelegentlich stellt sich allerdings eine gewisse Unruhe innerhalb des Bildes ein, die auf die Kompression zurückzuführen ist. Darüber hinaus liegen keine Schwächen vor.

Tonqualität

Die beiden 5.1-Spuren überzeugen mit einer räumlichen Kulisse, die Dschungelgeräusche in die hinteren Lautsprecher integriert. Die Dialoge sind klar und verständlich in den vorderen Boxen verankert. Die beiden 2.0-Spuren bieten solide Kost.

Extras

Bonusmaterial existiert leider nicht.

Fazit

„Cannibals – Welcome to the Jungle“ ist eine wenig überzeugende „Blair Witch Project“-Kopie ohne interessante Konflikte oder Spannungspotential. Die technische Umsetzung des Langweilers auf DVD ist demgegenüber sehr gelungen.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Welcome to the Jungle (USA 2007)
Länge 83 Minuten (Pal)
Studio Galileo Medien
Regie Jonathan Hensleigh
Darsteller Sandi Gardiner, Callard Harris, Nick Richey, Veronica Sywak, u.a.
Format 1:1,85 (16:9)
Ton DD 5.1 Deutsch, Englisch; DD 2.0 Deutsch, Englisch
Untertitel Deutsch
Extras -
Preis ca. 16 EUR
Bewertung schwach, technisch gut