Wrestlingdrama unter Meeresfrüchten

Calamari Wrestler

Bei manchen filmischen Aufgaben ist die Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs größer, wenn ein Japaner auf dem Regiestuhl sitzt. In diese Kategorie gehört „Calamari Wrestler“, ein komödiantisches Wrestler-Drama, bei dem Meeresfrüchte die Hauptrollen spielen. Die Geschichte nimmt Ihren Anfang nach dem Meisterschaftskampf in der japanischen Pro-Wrestling-Liga. Ein etwa zwei Meter großer Calmar fordert den frisch gebackenen Champion zum Duell heraus, der Champion verliert. Auch wenn der Kampf keinen offiziellen Charakter hatte, so dass sein Ausgang ohne Einfluss auf den Meisterschaftsgürtel bleibt, will sich der Champion mit der Schmach nicht abfinden. Doch der Rückkampf ist in Gefahr, weil die verantwortlichen Leiter der Pro-Wrestling-Vereinigung den Calmar dazu bewegen wollen, für eine entsprechende Zuwendung die Auseinandersetzung im Ring zu verlieren. Das verletzt jedoch die Ehre des Meerestieres, bei dem es sich um einen ehemaligen Pro-Wrestling-Champion handelt, der sich durch sexuelle Enthaltsamkeit und Meditation in den Calmar verwandelt hat. Aus wirtschaftlichen Gründen geben die Funktionäre ihre Haltung schließlich auf, wodurch der Weg für einen Kampf frei ist. Um bessere Chancen zu haben, unterzieht sich der aktuelle Champion ebenfalls einem Meditationstraining mit Meeresfruchtfolge.

Die Filmographie Minoru Kawasakis liest sich wie die Ideenliste eines übergeschnappten Fantasten, und das ist gut so. Nach „Calamari Wrestler“ drehte Minoru Kawasaki unter anderem „Executive Koala“ (2005) und „Kani Goalkeeper“ (2006), die ganz im Geiste des Meeresfrucht-Wrestling-Dramas ebenfalls Figuren als Mischung aus Mensch und Tier beherbergen. Die grundsätzliche Idee dahinter besteht aus einer einfachen Realitätsverschiebung. Minoru Kawasaki erzählt in „Calamari Wrestler“ eine Geschichte, die so ähnlich auch in anderen Kampfsportmilieus mit gewöhnlichen Menschen spielen könnte. Er fügt ein oder zwei Wendungen hinzu und ersetzt Menschen durch die Mensch-Meeresfrucht-Mutationen. Calamari WrestlerAuf diese Weise erscheinen die zentralen Figuren wie Fremdkörper in unserer Welt, obwohl sie mit den gesellschaftlichen Sitten und Gebräuchen nur allzu vertraut sind. Das schärft den Blick für das Verhalten aller Menschen gegenüber den seltsamen Kreaturen. Nach dem gewonnenen Anfangsduell des Calmars gegen den Wrestling Champion und einer kleinen Eingewöhnungsphase reißen sich die Verkäufer auf dem örtlichen Markt um das sympathische Meerestier als Kunden. Minoru Kawasaki führt den Starrummel als absurdes Theater vor, dem sich der Calmar ausgesetzt sieht, während er auf der Suche nach seinen wahren Gefühlen ist. Die Partnerin des aktuellen Pro-Wrestling-Champions war seine Partnerin, bevor er plötzlich verschwand, um sich der Meditation zu unterziehen.

In Momenten ungeahnter Zärtlichkeit nähern sich Calmar und Mensch wieder einander an, die im Gegensatz zum öffentlichen Showelement stehen. Das versetzt dem aktuellen Pro-Wrestling-Champion, der damals im Schatten des nun zum Calmar mutierten Pro-Wrestlers stand, einen weiteren Stoß. Seine Minderwertigkeitskomplexe stehen ebenso im Gegensatz zu seiner errungenen Meisterschaft wie Calmar-Starrummel und Liebe keine Einheit bilden. Während die beiden Pro-Wrestler Wahrhaftigkeit im menschlichen Miteinander suchen, wollen die Funktionäre ihre Inszenierung unter das willige Volk streuen. Die Standhaftigkeit der Sportler bildet den zentralen Kern des metaphorischen Dramas, das die Showhaftigkeit gesellschaftlicher Zusammenhänge mit grotesk-komödiantischen Mitteln überhöht, um sie als unterlegene Kurzatmigkeit zu entlarven. Minoru Kawasakis großes Talent besteht darin, die Meeresfrucht-Kreaturen jeglicher Lächerlichkeit zu befreien und sie als vollwertige Teilnehmer einer emotionalen Geschichte zu begreifen.

Bildqualität

Calamari WrestlerDas saubere Bild besitzt eine wechselhafte Qualität. In ruhigen Szenen ist die Schärfe gut, auch wenn das Bild detailreicher sein könnte. Bei Bewegungen kommt es aber zu deutlichen Unschärfen mit kurzzeitigen Doppelkonturen. Die Farben überzeugen durch eine ausgewogene Palette. Der Kontrast ist ein wenig zu steil, so dass Flächen gelegentlich überstrahlen und andere etwas zu dunkel erscheinen. Das nimmt aber nicht Überhand. Neben dem leichten Hintergrundrauschen treten erfreulicherweise keine nennenswerten Rauschmuster aus.

Tonqualität

Die 2.0-Spuren liefern eine unterschiedliche Vorstellung. Während der japanische Originalton eine ausgewogene Abmischung zwischen Dialogen und Umgebungsgeräuschen besitzt, sind letztere beim deutschen Ton teilweise stark zurück gedrängt. So gibt die japanische Tonspur beim ersten Wrestlingkampf das frenetische Publikum gut wieder, während es auf der deutschen Tonspur nur als dumpfes Echo wahrnehmbar ist. Die Dialoge sind in beiden Fassungen gut verständlich. Das japanische Original wird durch ein leichtes Hintergrundrauschen begleitet, welches bei der Synchronisation nicht vorhanden ist.

Extras

Bonusmaterial existiert nicht.

Fazit

„Calamari Wrestler“ ist ein absurdes Drama über die Suche nach Wahrhaftigkeit. Mit den Mitteln der Groteske gelingt Regisseur Minoru Kawasaki ein messerscharfer Blick auf die verlogene Mechanismen einer Showgesellschaft, in der Darstellung mehr zählt als echte Werte. Technisch ist die DVD durchwachsen.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Ika resuraa (Japan 2004)
Länge 90 Minuten (Pal)
Studio Asian Film Network
Regie Minoru Kawasaki
Darsteller Kana Ishida, Osamu Nishimura, Miho Shiraishi, u.a.
Format 1:1,78 (16:9)
Ton DD 2.0 Deutsch, Japanisch
Untertitel Deutsch
Extras -
Preis ca. 14 EUR
Bewertung gut, technisch durchwachsen