Das Onlinewörterbuch Leo nennt für das englische Wort Botched die fünf Bedeutungen pfuscherhaft, verbockt, vermasselt, vermurkst und verpfuscht. „Verkackt“ ist nicht darunter und der im deutschen Untertitel zum Ausdruck kommende Geist pöbelhafter Prolligkeit entspricht auch gar nicht der Anlage des Films, dessen Geschichte viel zu abstrus ist, als dass sie mit solch bodenständigem Stammtischjargon erfasst werden könnte. Der stilistische Übersetzungsfehlgriff sollte folglich niemanden davon abhalten, den Film anzusehen, der im Irrsinn sein Vergnügen finden kann. Im Zentrum der Handlung steht der von Stephen Dorff verkörperte Ritchie, der für seinen russischen Auftraggeber – die genaue Beziehung zwischen den beiden tut für eine grobe Inhaltsangabe nichts zur Sache – den Diebstahl einer beträchtlichen Anzahl Diamanten in den Sand gesetzt hat. Er bekommt eine letzte Chance und soll in einem streng bewachten Hochhaus in Moskau ein wertvolles Kreuz stehlen. Ihm zur Seite stehen zwei russische Handlanger seines Auftraggebers, ein Mann fürs Grobe und sein verschüchterter Bruder. Der ungeplante Mord an einer Frau, den der Mann fürs Grobe verübt hat, bildet ein schlechtes Omen für die anschließende Flucht der Räuber. Ihr Fahrstuhl bleibt stehen, so dass sie lediglich in einer verlassenen Etage aussteigen können, die restlichen Fahrstuhlinsassen haben sie längst als Geiseln genommen. Während die Räuber noch glauben, die Polizei oder der Sicherheitsdienst hätte sie gestoppt, überzeugt sie der unvermittelte Mord an einer Geisel davon, dass ihre Gegenspieler nicht in den Reihen irgendwelcher Ordnungshüter zu finden sind. Ein bizarres Katz-und-Mausspiel im Labyrinth der Gänge beginnt.
Soweit das grobe Raster der Handlung, das den Irrsinn noch nicht verrät, der in den Details der Umsetzung steckt. Eine animatronische Riesenratte, die an Köpfen knabbert und sich in einer Szene vor Lachen zu krümmen scheint, gehört ebenso dazu wie ein seltsamer Kult um Iwan den Schrecklichen und tödliche Fallen, zu denen Diskopop ertönt und eine entsprechende Lichtorgel die absurde Atmosphäre erschafft. Dazu gesellen sich neben dem relativ gescheiten, aber absolut glücklosen Ritchie und seinen ungleichen Komplizen ein angeblich kampferprobter Ex-Armee-Spezialist mit der Zeitschrift „Combat Weekly“ unterm Arm, drei religiöse Fanatikerinnen, die Vizechefin eines Unternehmens und ein harmloser Büroangestellter. In den Gängen des verlassenen Stockwerks wechseln ständig die einzelnen Machtpositionen, Teams und Konstellationen der Figuren, da mit dem weiteren Eingreifen der zunächst unbekannten Gegner die ursprüngliche Geiselnahme in kürzester Zeit in sich zusammen fällt. Regisseur Kit Ryan nutzt das groteske Spiel mit immer neuen Überraschungen und Splattereffekten unter anderem für eine Parodie stereotyper Krawall-Charaktere, indem er den Ex-Armeeangehörigen als kindlich-naive Kopie ähnlich gelagerter Filmfiguren anlegt. So wie ein Jugendlicher sein Heldenidol aus dem letzten Actionfilm verkörpern würde, so glaubwürdig verkündet der hochgewachsene Mann, dass er ein Alphamännchen sei.
Der kindlich-naive Duktus zieht sich auch durch den Rest der Figuren, sei es weil sie besonders ängstlich sind wie der Büroangestellte, mit fundamentalistischer Strenge einem simplen und nicht reflektierten religiösen Ideal folgen wie die drei Fanatikerinnen oder überhaupt keinen Sinn für die Folgen ausgeübter Gewalt haben, wie Ritchies Komplize. Lediglich Ritchie und die Vizechefin fallen aus dieser Konstellation heraus, so dass sie eine Sonderstellung innerhalb des blanken Wahnwitzes einnehmen. Sie sind die einzigen Menschen, die nicht in den gnadenlosen Sog des Realitätsverlustes gezogen werden, der durch die Gänge der verlassenen Etage weht. Als feste Größen sorgen sie nicht nur dafür, dass das Groteske im Kontrast zu ihrer relativen Gelassenheit sein Amüsementpotential entfalten kann, sie nehmen auch die Stellung eines Orgelpunktes sein, um den herum Ryan die absonderlichen Variationen des Scheiterns zu einer vielstimmigen Symphonie arrangiert. So bleibt die Erkenntnis übrig, dass die richtige Haltung zum Scheitern dafür verantwortlich ist, ob ein Lernprozess eintritt oder ob man in einer Endlosschleife gefangen bleibt.
Bildqualität
Die Bildqualität fällt etwas schwächer aus, als man es bei einem so aktuellen Film vielleicht erwarten wurde, da die Schärfe nur auf guten durchschnittlichen Niveau liegt. Das liegt sowohl an der Konturendarstellung, die bisweilen zu einem weichen Bild neigt, als auch an der Detailfreudigkeit, die mehr hätte bieten können. Insgesamt ist die Schärfe aber völlig in Ordnung. Die Farben sind kräftig, der Kontrast leistet eine weitgehend gute Arbeit. Störende Rauschmuster treten nicht auf.Tonqualität
Die 5.1-Spuren liefern eine ordentliche räumliche Kulisse, da sie sich genrebedingt auch nicht überschlagen können. Vor allem die Musik nutzt auch die hinteren Lautsprecher, in denen auch das eine oder andere atmosphärische Geräusch auftaucht. Die Dialoge sind klar und verständlich, störendes Rauschen gibt es nicht.Extras
Bonusmaterial existiert nicht.Fazit
„Botched“ ist das pure Vergnügen am kindliche Irrsinn, der sich in einer immer währenden Folge diverser Szenarien des Scheiterns manifestiert. Der Umgang mit dem eigenen Versagen bildet schließlich den Schlüssel, um dem grotesken Karneval des Realitätsverlustes zu entfliehen. Technisch ist die DVD sehr ordentlich.Stefan Dabrock
Originaltitel | Botched (GB/BRD/USA/Irland 2007) |
Länge | 91 Minuten (Pal) |
Studio | Legend Films |
Regie | Kit Ryan |
Darsteller | Stephen Dorff, Sean Pertwee, Jaime Murray, Alan Smyth, u.a. |
Format | 1:1,78 (16:9) |
Ton | DTS Deutsch, DD 5.1 Deutsch, Englisch |
Untertitel | Deutsch, Englisch |
Extras | - |
Preis | ca. 16 EUR |
Bewertung | gut, technisch sehr ordentlich |