Ödimuschi

Blind Beast

Der japanische Schriftsteller Edogawa Rampo (1894 - 1965) zählt in seinem Heimatland zu den bekanntesten Kriminalautoren, in dessen Geschichten häufig auch eine bizarre, sadomasochistische Sexualität zum Ausdruck kommt. „Blind Beast“ geht auf ein Werk Edogawas zurück. Ein blinder Bildhauer ist davon besessen, die perfekte Skulptur eines weiblichen Körpers zu erschaffen. Um an das Objekt seiner Begierde heranzukommen, lässt er sich als Masseur in der Agentur anheuern, die das Modell Aki betreut. Bei einem Hausbesuch betäubt der Bildhauer die attraktive Frau und verschleppt sie in ein Lagerhaus, in dem sein bizarres Atelier untergebracht ist. Dort will er sie gefangen halten, bis die Skulptur beendet ist. Bei der Bewachung hilft ihm seine Mutter, mit der er zusammen lebt. Zwischen dem Bildhauer und Aki entwickelt sich nach anfänglicher Rebellion des Modells eines obsessive selbstzerstörerische Beziehung, in deren Mittelpunkt der Schmerz als zentraler Ausdruck der Lust steht.

Regisseur Yasuzô Masumura interessiert sich bei der filmischen Umsetzung nicht für die logische Nachvollziehbarkeit der Geschehnisse, deren Entwicklung ganz tief auf der dunkeln Seite der menschlichen Seele beruht. Er möchte die obesessiven Auswirkungen des fundamentalen Ödipus-Komplexes auf Seiten des Bildhauers sowie die Folgen der exhibitionistischen und masochistischen Veranlagung auf Seiten des Modells in entsprechende Bilderwelten gießen. An den Wänden des Ateliers befinden sich zahlreiche, modellierte Körperteile wie Arme, Beine, Lippen oder Ohren, die in ihrer massenhaften Anordnung eine übermächtig bedrohliche Atmosphäre schaffen. Die Obsession des Bildhauers spiegelt sich ebenso darin wie im riesigen Abbild eines liegenden Frauenkörpers wieder, das die Mitte des Ateliers dominiert. Es ist im wahrsten Sinne des Wortes kein Platz für andere Aspekte oder Leidenschaften. Diese Dominanz erfasst schließlich auch das Modell Aki. Ihre Persönlichkeit kann sich nur kurze Zeit dagegen zur Wehr setzen, dann wird auch sie in den Strudel der Ereignisse gezogen, den Yasuzô Masumura mit einer konsequenten Bildsprache ausdrucksstarker Licht-Schatten-Gegensätze und dem bedrohlichen Setdesign auf furchteinflößende Weise visualisiert. Angst und Faszination gehören ebenso zu den Emotionen, die „Blind Beast“ hervorruft, wie das Werk eine finstere Reflexion auf Rollenmuster in der japanischen Gesellschaft ist. Der unsichere Mann greift zur brachialen Dominanz, um seinen sexuellen Komplex zu überspielen, während der Frau in letzter Konsequenz die Kraft fehlt, ihre unterdrückte Position aufzugeben. Stattdessen transferiert sie ihre Ohnmacht in eine masochistische Lustausübung mit bitteren Folgen. Ein verstörend intensiver Film.

Bildqualität

Angesichts des Filmalters ist die saubere Vorlage ohne nennenswerte Defekte oder Dreckspuren erstaunlich. Die Schärfe siedelt sich in angenehmen Regionen ein, so dass das Bild stets leicht verwaschen wirkt. Bei Bewegungen kommt es zu Nachzieheffekten. Die Farbwiedergabe überzeugt durch eine ausgewogene Palette, der Kontrast setzt die ausdrucksstarken Bilder gut in Szene. Störende Rauschmuster gibt es nicht.

Tonqualität

Der 2.0-Mono-Ton macht seine Sache gut, da keine Verzerrungen oder aufdringliches Rauschen hörbar sind. Die Dialoge sind klar und verständlich, die Musik erklingt im vollen Glanz.

Extras

Das Bonusmaterial besteht aus dem Trailer.

Fazit

„Blind Beast“ ist das düstere Portrait einer obesessiven sadomasochistischen Beziehung, welche die düstere Seite der menschlichen Seele nicht erklärt, sondern mit ausdrucksstarken Bildern visualisiert. Gleichzeitig lässt sich die Geschichte als böser Kommentar auf gesellschaftliche Geschlechterrollen lesen. Technisch ist die DVD gut.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Môjû (Japan 1969)
Länge 111 Minuten (Pal)
Studio Rapid Eye Movies
Regie Yasuzô Masumura
Darsteller Eiji Funakoshi, Mako Midori, Noriko Sengoku, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DD 2.0 Mono Japanisch
Untertitel Deutsch
Extras Trailer
Preis ca. 21 EUR
Bewertung verstörend, technisch gut