Der Zweite Weltkrieg hat der amerikanischen Gesellschaft kurzzeitig einen großen Teil der Männer entzogen. Es gehört inzwischen zu den gängigen Thesen, dass die veränderte Situation an der Heimatfront – Frauen mussten mehr Aufgaben übernehmen – im Film Noir reflektiert wird. Das Genre präsentiert vergleichsweise unabhängige Frauenfiguren, die Männer kämpfen oftmals um ihre verlorene Rolle, wenn sie aus dem Krieg wieder zurückkehren oder sie sind gar nicht erst da. Während dies in vielen Noir-Filmen nur verklausuliert sichtbar wird, wenn man sich die Figuren und ihre Beziehungen untereinander ansieht, füllt „Die blaue Dahlie“ auf idealtypische Weise die besagte These mit filmischem Leben. Zusammen mit seinen beiden Kameraden kehrt Johnny Morrison aus dem Krieg zurück, aber das Familienidyll existiert nicht mehr. Sein Sohn starb zu Hause während er gegen die Deutschen kämpfte und seine Frau feiert ausgelassene Partys. Ihre Affäre mit dem Nachtklubbesitzer Eddie Harwood verbirgt sie selbst vor den Augen ihres Mannes nur halbherzig. Im Streit verlässt Johnny den gemeinsamen Bungalow. Als seine Frau am nächsten Morgen tot aufgefunden wird, fällt der polizeiliche Verdacht sofort auf ihn. Jetzt muss er selbst ein wenig Licht ins Dunkle bringen. Dabei läuft ihm mysteriöser Weise immer wieder die blonde Frau Eddie Harwoods über den Weg, die sich von ihrem Mann getrennt hat.
George Marshalls „Die blaue Dahlie“ setzt sich durch den ernsten Tonfall von anderen Noir-Werken wie „Tote schlafen fest“ („The big Sleep“, Regie: Howard Hawks, 1946) ab, da weniger pointierte Dialoge als vielmehr die bittere Situation der Kriegsheimkehrer im Vordergrund steht. Für Johnny Morrison beginnt zu Hause ein neuer Kampf, in dem er sich unterschiedlichen Feinden gegenüber sieht, die zusammen genommen Teil einer höchst unübersichtlichen Situation sind. Neben der mysteriös wirkenden blonden Frau des Nachtklubbesitzers Eddie Harwood, sind da der Nachtklubbesitzer selbst, ein kauziger Detektiv, der für die Sicherheit in der Bungalowsiedlung der Morrisons verantwortlich ist, ein paar zwielichtige Typen, die Morrison um sein Geld erleichtern wollen, sein Kriegskamerad Buzz, der an den Folgen einer Schädelverletzung leidet, und die ermittelnde Polizei. Der Film reflektiert so offensichtlich die Schwierigkeiten der Kriegsheimkehrer, dass für einen glamourösen, teilweise auch humorvollen Inszenierungsstil kein Platz ist. An seine Stelle tritt eine vergleichsweise nüchterne Orientierungslosigkeit, die Marshall mit Bildern illustriert, welche zwischen Tristesse und Normalität changieren. Alan Ladd kämpft als Bürger noch um seine Integrität, die Buzz schon nicht mehr erreichen kann. Zu stark sind seine körperlichen und psychischen Schäden ausgeprägt, als dass er sich unauffällig in die Gesellschaft integrieren kann. Die darin liegende Bitterkeit hat, obwohl auch an diesem Film Raymond Chandler (Drehbuch) beteiligt war, nichts mit der romantischen Sichtweise zu tun, die in „Tote schlafen fest“ zum Asudruck kommt.
Bildqualität
Das Bild kommt nicht ohne Verschmutzungen und leichte Verregnung aus, beides tritt aber nur selten in Erscheinung. Die Schärfe ist vor allem angesichts des Filmalters sehr ordentlich. Ein bisschen waschen die Konturen jedoch aus und der fehlende Detailreichtum sorgt für ein weiches Bild. Der Kontrast überzeugt mit einer ausdrucksstarken Schwarzweiß-Zeichnung. Das leichte Hintergrundrauschen, das nur selten etwas stärker in den Vordergrund rückt, stört nicht. Sonstige Rauschmuster treten nicht in Erscheinung.Tonqualität
Für den Ton gelten die üblichen Ausführungen zu älteren, aber ordentlichen Mono-Spuren. Die Dialoge sind in beiden Fassungen klar und verständlich. Während der englische Ton organischer in die Umgebung eingefügt ist, wirkt die deutsche Synchronisation durch die Überbetonung der Dialoge künstlich. Der englische Ton ist etwas dumpfer als die deutsche Mono-Spur.Extras
Das Bonusmaterial besteht aus einem Trailer, einer Bildergalerie und einem 12seitigen Booklet.Fazit
„Die blaue Dahlie“ schlägt einen nüchtern-bitteren Ton an, um im Gewand einer Kriminalgeschichte über die Folgen des Zweiten Weltkriegs für die amerikanische Gesellschaft zu reflektieren. Technisch ist die DVD sehr ordentlich.Stefan Dabrock
Originaltitel | The blue Dahlia (USA 1946) |
Länge | 95 Minuten (Pal) |
Studio | Koch Media |
Regie | George Marshall |
Darsteller | Alan Ladd, Veronica Lake, William Bendix, Howard Da Silva, Doris Dowling, u.a. |
Format | 1:1,37 (4:3) |
Ton | DD 2.0 Mono Deutsch, Englisch |
Untertitel | Englisch |
Extras | Bildergalerie, Trailer, 12seitiges Booklet |
Preis | ca. 15 EUR |
Bewertung | gut, technisch sehr ordentlich |