Der moralische Killer

Bangkok Dangerous (Blu-Ray)

Bangkok DangerousDie Pang-Brüder legen neun Jahre nach der thailändischen Variante das Remake ihres eigenen Films „Bangkok Dangerous“ vor. Das Original aus dem Jahr 1999 wird in diesem Text jedoch keine Rolle spielen, da es nach den Aussagen anderer Rezensenten nur wenig mit dem aktuellen Produkt zu tun hat und weil es mir nicht bekannt ist. In der Version aus dem Jahr 2008 spielt Nicolas Cage einen Profikiller, der für seine letzten vier Aufträge nach Bangkok reist. Er heuert einen unbedarften Thailänder für Kurierdienste zwischen ihm und seinen Auftraggebern an. Als der jedoch dahinter kommt, was für ein Geschäft die Cage-Figur ausübt, möchte er beim Killer in die Lehre gehen. Cage nimmt nach einigem Zögern seinen Kurierfahrer als Schüler auf, um nach dem wohlverdienten Ruhestand einen Nachfolger herangezogen zu haben. Da die ersten Auftragsziele in den Augen des thailändischen Schülers böse Menschen sind, steigt sein Respekt vor dem Killer. Doch dann geht es darum, einen beliebten Politiker ins Jenseits zu befördern, der die Aura des positiven Visionärs vor sich herträgt. Gleichzeitig verliebt sich Killer Cage in eine taubstumme Apothekerin, die nichts von seiner Tätigkeit ahnt, so dass der Konflikt vorprogrammiert ist.

„Bangkok Dagerous“ ist ein Film der Andeutungen geworden, ein Produkt, das zahlreiche Themen beackern könnte, sie aber nur fragmentarisch präsentiert. Irgendwann, der genaue Zeitpunkt bleibt letztlich unklar, steigt die Moral in das Geschäft des Killers ein, der sich am Zuspruch Bangkok Dangerousseines Schülers erfreut, dass er die bösen Menschen umbringen würde. Daraus ergibt sich ein faszinierender Fragenkomplex um die Macht eines Auftragskillers, der die Welt von moralisch fragwürdigen Personen befreien kann. Das Dilemma besteht nun aber darin, inwieweit ein Mensch das Recht haben kann, diese Entscheidung zu treffen. Die Schuld des Tötens lässt sich auch durch den Glauben an gerechte Opfer nicht abwaschen. Cage transportiert das mit seiner typischen Passionsmimik, die er seit dem Alkoholikerdrama „Leaving Las Vegas“ (Regie: Mike Figgis, 1995) perfektioniert hat. Der Leidensblick ist es dann auch, der ihn so verletzlich erscheinen lässt, dass er das Herz der taubstummen Apothekerin gewinnt. Statt dem einen Thema mehr Tiefe zu verleihen, indem die Cage-Figur ein bisschen mehr an den Tag legen dürfte, als gelegentlich leidend zu gucken, leiten die Pang-Brüder in der Logik ihrer Fragmentdramaturgie einfach zum nächsten Konflikt über. Die Nutzung desselben Elements – Cages Passionsmimik – ist dabei gar nicht einmal ungeschickt. So entsteht ein eleganter erzählerischer Fluss, der die Fragmentierung konterkariert.

Das ändert aber nichts daran, dass die Liebesgeschichte das schwächste Element in „Bangkok Dangerous“ ist. Die Annäherung des Killers an die taubstumme Apothekerin changiert in der verkürzten Thematisierung, welche die Pangs auch diesem erzählerischen Teil angedeihen lassen, zwischen Kitsch und Banalität. Die Symbolik der Sprache offeriert zwar eine zusätzliche Bedeutungsebene über Kommunikation, Einsamkeit und daraus resultierende Verhaltensweisen gegenüber anderen Mitgliedern der Gesellschaft beziehungsweise der Rolle, die der einzelne in ihr einnimmt, aber die Pang-Brüder lassen sie links liegen. Denn dramaturgisch fällt ihnen nicht mehr ein, als der Apothekerin den Schock der Erkenntnis zu gönnen, dass ihr verletzlicher, sympathischer Teddybär ein Profi-Killer ist.

Die Mentoren-Schüler-Beziehung zwischen Killer Cage und seinem Kurierfahrer kommt, wenig überraschend, nicht über Andeutungen hinaus. Gerade mal eine einzige explizite Szene, in der Cage mit seinem Schüler eine Kampftechnik einübt, nimmt den eingeführten Handlungsteil sichtbar auf. Danach verschwindet er einfach aus dem Film. Cage vermittelt weder Lustlosigkeit im Umgang mit seinem Schüler noch Engagement, das Thema existiert schlicht nicht mehr. Die Fragmente geben sich weitgehend elegant die Klinke in die Hand, wodurch sie eine Tiefe versprechen, die im fertigen Produkt letztlich nicht enthalten ist. Das ist angesichts des Potentials schade, aber auch das Andeutungspotpourri hat seinen Reiz. Denn die Themen sind durchaus erkennbar. Dank einer visuell sehr schicken Kameraarbeit und des fließenden Schnitts besitzt der Film eine formale Eleganz, die sich in den wenigen, aber gut gefilmten Action-Sequenzen fortsetzt. „Bangkok Dangerous“ ist zwar letztlich gescheitert, aber das passiert auf einem faszinierenden Niveau.

Bildqualität

Das saubere Bild der Blu-Ray weist eine gute bis ansprechende Schärfe auf, die vor allem bei Nahaufnahmen sehr detailreich ausfällt. Die Farben wirken aufgrund des visuellen Stils der Pang-Brüder leicht monochrom. Der extreme Kontrast verstärkt diesen Eindruck. Der Schwarz-Level fällt vor diesem Hintergrund sehr tief aus. Nennenswerte Rauschmuster treten jenseits der Filmkörnigkeit, die teilweise deutlich sichtbar ist, nicht in Erscheinung.

Tonqualität

Die DTS-Tonspuren besitzen eine wuchtige Dynamik, so dass die Musik druckvoll aus den Lautsprechern erklingt. Dabei werden auch die hinteren Boxen miteinbezogen, um eine räumliche Kulisse zu erschaffen. Die Dialoge werden absolut klar wiedergegeben.

Extras

Das etwa 13minütige Making Of im anamorphen Breitbild – die übliche Mischung aus Interviewpassagen und Filmausschnitten – liefert hauptsächlich werbewirksame Botschaften. Zudem überschneiden sich die Interviewpassagen mit denen aus dem Beitrag Interviews. Lediglich der Szenenbildner hat ein paar Aussagen über seine Arbeit parat, die sich mit der Machart des Films beschäftigen. Das ebenfalls anamorphe Alternative Ende (etwa acht Minuten) im Breitbildformat erzählt einen völlig anderen Schluss der Geschichte, der als Variante – vor allem vor dem Hintergrund der moralischen Fragen – sehr interessant ist. Der „Blick hinter die Kulissen“ Bangkok Dangerous(etwa zehn Minuten) erweist sich als unkommentiertes B-Roll-Material im nicht anamorphen Breitbildformat. Das etwa 14minütige Interview-Special mit Nicolas Cage (Vollbild) ist Dank gelungener Fragen sehr gut, weil der Hauptdarsteller und Produzent über seine Motivation spricht, den Film zu machen, und auch auf anderen Ebenen über das Projekt reflektiert, anstatt nur inhaltliche Werbebotschaften zu verbreiten. Sehr interessant auch der Abschnitt, in dem Cage über den Militärputsch spricht, der sich während der Dreharbeiten in Thailand ereignete. Die zusammen etwa zwanzig Minuten langen Interviews mit Darstellern, den beiden Regisseuren sowie zwei der Produzenten (nicht anamorphes Breitbild) kommen über das Niveau werbewirksamer Es-war-alles-toll-Aussagen nicht hinaus. Texttafelfilmographien runden das Bonusmaterial ab.

Fazit

„Bangkok Dangerous“ deutet seine Themen an, ohne sie auch nur ansatzweise auszuarbeiten oder den Stil einer assoziativen Collage zu pflegen. So scheitert das Werk der Pang-Brüder auf faszinierendem Niveau, da die einzelnen Fragenkomplexe über Moral und die gesellschaftlichen Rollen noch sichtbar sind. Technisch ist die Blu-Ray gut.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Bangkok Dangerous (USA 2008)
Länge 99 Minuten (Pal)
Studio Constantin
Regie Oxide Pang Chun, Danny Pang
Darsteller Nicolas Cage, Shahkrit Yamnarm, Charlie Yeung, Panward Hemmanee, u.a.
Format 1:1,85 (16:9)
Ton DTS-HD 5.1 Deutsch, Englisch
Untertitel Deutsch
Extras Making Of, Alternatives Ende, u.m.
Preis ca. 21 EUR
Bewertung gute Ansätze, technisch gut