Überfall des Absurden

Attack the Gasstation

Aus Langeweile macht der Mensch so einiges, er gestaltet beispielsweise seine Freizeit aus diesem Grund. Nicht alles, was er sich dabei ausdenkt, ist auch sozialverträglich. Die vier Jugendlichen in "Attack the Gasstation" entscheiden sich für das Überfallen einer Tankstelle, wobei sie mit brutaler Gewalt vorgehen. Da ihnen am nächsten Tag immer noch langweilig ist, überfallen sie die gleiche Tankstelle erneut. Leider hat der Besitzer dafür gesorgt, dass kein Geld da ist. Er behauptet, seine Frau habe es an sich genommen. Die lässt sich telefonisch jedoch nicht erreichen, so dass sich die vier Jugendlichen entschließen, das Personal als Geiseln zu nehmen und es später noch einmal telefonisch zu versuchen. In der Zwischenzeit übernehmen sie die Rolle der Tankwarte und kassieren von jedem Kunden das Geld. Das läuft jedoch nicht so reibungslos ab, wie gedacht, so dass sich die Zahl der Geiseln immer weiter erhöht. Zwei korrupte Polizisten tauchen plötzlich auf, Jugendgangs haben etwas mit einem der eingesperrten Tankstellenangestellten zu klären, die Kunden beschweren sich über den miesen Service und ein seltsamer Raser fährt ständig laut hupend vorbei.
"Attack the Gasstation" meistert die schwierige Aufgabe, eine lose, teils episodenhafte Dramaturgie an einem einzigen Handlungsort aufzubauen, ohne dass das Geschehen gleichförmig wird. Während es zunächst nur absurde Einbrüche in die aufgebaute Gewaltordnung der vier Jugendlichen sind, wenn sie erstaunt feststellen müssen, dass an einer Tankstelle natürlicherweise auch Kunden anhalten, die Benzin benötigen, ändert sich im weiteren Verlauf die Position der Jugendlichen. Jeder wird durch ein Ereignis an disziplinarische Gewaltanwendungen erinnert, die er in der Vergangenheit durch Autoritätspersonen erfahren musste. Der Anführer der Gruppe musste Demütigungen durch seinen Baseballtrainer hinnehmen, ein anderer bekam grundlos eine drakonische körperliche Strafe durch einen Lehrer aufgebrummt und ein Dritter wurde von seinem Vater auf brutale Weise für den Wunsch gezüchtigt, Maler zu werden. Auch wenn "Attack the Gasstation" keine feinsinnig ausgefeilte Analyse liefert, ist er deutlich mehr als nur eine absurde Komödie mit Actioneinschlag. Er portraitiert eine Gesellschaft, die durch Gewalt auf verschiedenen Ebenen durchdrungen ist. Alle auftauchenden Autoritätspersonen, welche den Jugendlichen ein taugliches Sozialmodell vorleben könnten, versagen. Selbst der Staat wird nur durch korrupte Ordnungshüter vertreten. Ohne Zukunftsaussicht erschaffen sich die Jugendlichen ihr eigenes Herrschaftsreich, in dem sie trotz ihrer nicht akzeptablen Gewaltanwendungen zunehmend zu den integreren Personen werden. Dabei werden sie auch zum Korrektiv anderer Gewaltverhältnisse. So entdeckt ein Junge, der durch seine Mitschüler terrorisiert wird, seine eigene Stärke und wehrt sich. Gleichzeitig läutert diese Nacht an der Tankstelle die vier Jugendlichen, welche danach bereit sind, sich gegen die Autoritätspersonen der Vergangenheit zu stellen und ihre damaligen Zukunftsträume zu verwirklichen.

Bildqualität

Die Bildqualität der DVD ist gut geworden. Verschmutzungen oder Bildpunkte, die bei asiatischen Filmen gerne auftauchen, sucht man hier vergeblich. Auch die Schärfe überzeugt mit brauchbarer Detailzeichnung. Besonders augenfällig sind aber die kräftigen Farben, welche das absurde Geschehen hervorragend verstärken. Rauschmuster sucht man hier vergeblich.

Tonqualität

Der koreanische 2.0-Ton liefert eine ordentliche, allerdings meistenteils centerlastige Vorstellung ab. Die Möglichkeiten der Stereo-Front werden nicht ausgereizt, hauptsächlich die Musik nutzt die Boxen aus. Die Dialoge sind klar und verständlich, Rauschen gibt es nicht. Wer möchte, kann sich auch einen deutschen 5.1-Upmix anhören.

Extras

Extras gibt es nicht.

Fazit

"Attack the Gasstation" bietet im Gewand einer skurrilen Mischung aus Komödie und Thriller das Portrait einer Gesellschaft, in der Gewalt durch Autoritätspersonen akzeptiert ist. Das nimmt der Film kritisch unter die Lupe und fordert am Ende dazu auf, seine Lebensträume nicht leichtfertig zu opfern. Technisch ist die DVD gut.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Juyuso seubgyuksageun (Südkorea 1999)
Länge 105 Minuten (Pal)
Studio Splendid
Regie Sang-Jin Kim
Darsteller Sung-jae Lee, Oh-seong Yu, Seong-jin Kang, u.a.
Format 1:1,66 (4:3)
Ton DD 5.1 Deutsch, DD 2.0 Koreanisch
Untertitel Deutsch
Extras -
Preis ca. 18 EUR
Bewertung Film gut, technisch gu