Spannung für das Wohnzimmer

Alfred Hitchcock zeigt – Teil 1

Alfred Hitchcock zeigt – Teil 1Nachdem die Serie „Alfred Hitchcock präsentiert“ zwischen 1955 und 1962 mit 266 Episoden 25 Minuten Spannung in die Wohnzimmer brachte verlängerte Hitchcock das Format für die Nachfolgeserie „Alfred Hitchcock zeigt“ auf 48 Minuten. Der Originaltitel „The Alfred Hitchcock Hour“ resultiert aus der einstündigen Fernsehlaufzeit, die durch die Werbeunterbrechungen zustande kommt. Koch Media präsentiert ausgewählte Folgen der Serie, die teilweise noch nicht in Deutschland zu sehen waren, so dass für diese Episoden keine deutsche Synchronisation vorliegt.

Aus heutiger Sicht besitzt die Serie durch die Auftritte Alfred Hitchcocks, der lediglich eine Folge selbst inszenierte, eine starken surrealen Charakter. Hitchcock führt nicht nur jede Episode mit einem absurden Prolog ein, der in keinem Zusammenhang zur Erzählung der jeweiligen Folge steht, er taucht auch vor den Werbeunterbrechungen auf, um diese süffisant zu kommentieren. Dadurch entsteht ein grotesker Charme, der die Serie entscheidend mitprägt. Hitchcock führt die Rolle des Hosts (Gastgeber) ad absurdum, indem er mit seinen Erzählteilen auf komische Weise deplaziert wirkt. Gleichzeitig ironisiert er die Werbeunterbrechungen, indem er ihnen durch seine Auftritte eine übertrieben herausgehoben Stellung zubilligt, welche nur noch als Satire erkennbar ist. Damit gibt er der eigentlichen Erzählung ein wenig der Würde zurück, die ihr durch die Unterbrechungen stets ein stückweit entzogen wird.

Bei den Geschichten selbst handelt es sich um gut konstruierte Kriminal-Dramen, welche die 48minütige Laufzeit geschickt ausfüllen. Dabei gehört die Episode „Der letzte Zeuge“, die Alfred Hitchcock selbst inszenierte, noch zu den schwächeren Beiträgen der Serie. Hitchcock Der letzte Zeuge gestaltet die Gerichtsverhandlung, in der ein Autofahrer seine Unschuld zu beweisen sucht, auf allzu statische Weise. Dem eigentlichen Drama – immerhin muss der Angeklagte, der sich selbst verteidigt, eine beachtliche Haftstrafe befürchten, da das Unfallopfer verstorben ist – stehen gesittet reduzierte Dialoge gegenüber, welche die Dimension des Geschehens nicht einfangen können. Übrig bleibt die clevere Grundidee der diversen Augenzeugen, die letztlich nur glauben, den Unfallhergang im Detail beobachtet zu haben, aber in Wirklichkeit das Fragment ihrer Beobachtungen in unzulässiger Weise weiter interpretieren.

Deutlich mehr Tempo weist die zweite Folge der DVD mit dem Titel „Ein Mord, wie er im Buche steht“ auf. Darin erhält ein Verleger ein Tonband, das einer seiner erfolgreichen Kriminalautoren besprochen hat. Auf dem Tonband kündigt der Autor einen Mord an und erzählt die dazugehörige Geschichte. Die Stärke der Inszenierung besteht nicht nur darin, dass ein spannendes Spiel mit Realität und Fiktion betrieben wird, sondern vor allem darin, dass Regisseur Alf Kjellin die Konstruktion der Geschichte den Emotionen der Charaktere unterordnet. Der Verleger ist angesichts der Ausführungen wirklich besorgt, dass ein Mord geschehen könnte, der Autor erzählt nicht nur die Geschichte eines perfekten Mordes, er füllt sie auch mit einem Liebesdrama an. Hier zeigt sich Kjellin Hitchcock überlegen, da es ihm nicht nur um das Spiel mit der Wahrheit, sondern vor allem auch um die Menschen geht, welche die Geschichte bevölkern. In acht weiteren Episoden entwickelt die Serien eine gehobene TV-Qualität, die sie zu einem sehenswerten Stück TV-Geschichte macht.

Die DVD-Box enthält folgende, auch im deutschen Fernsehen ausgestrahlte Teile:

1. „Der letzte Zeuge“ („I Saw the Whole Thing“, Regie: Alfred Hitchcock, 1962)
2. „Ein Mord, wie er im Buche steht“ („Captive Audience“, Regie: Alf Kjellin, 1962)
3. „Die Rechnung ist fällig“ („Ride the Nightmare“, Regie: Bernard Girard, 1962)
4. „Einer weiß mehr“ („The Star Juror“, Regie: Herschel Daugherty, 1963)
5. „Die Strasse führt nach Dos Cucharos“ („Last Seen Wearing Blue Jeans“, Regie: Alan Crosland, Jr., 1963)
6. „Der Mann von nebenan“ („Nothing Ever Happens in Linvale“, Regie: Herschel Daugherty, 1963),

und folgende Episoden, die nicht im deutschen Fernsehen gezeigt wurden:

1. „Kobalt 60“ („The Dividing Wall“, Regie: Bernard Girard, 1963)
2. „A Piece of Action“ (Regie: Bernard Girard, 1962)
3. „Diagnosis: Danger“ (Regie: Sidney Pollack, 1963)
4. „The Cadaver“ (Regie: Alf Kjellin, 1964).

Bildqualität

Ein Mord, wie er im Buche stehtDas Bild weist nur wenige Dreckspuren und Defekte auf, so dass man von einer guten digitalen Bearbeitung sprechen kann. Die Schärfe liegt auf nahezu gutem Niveau, so dass sowohl Konturen als auch Details auf ansprechende Weise wiedergegeben werden. Die Schwarzweiß-Bilder besitzen einen ausgezeichneten Kontrast, so dass ein plastisches Bild entsteht. Das deutlich sichtbare Hintergrundrauschen stört kaum, etwas auffälliger sind da schon die bei Bewegungen auftretenden stehenden Rauschmuster.

Tonqualität

Beide Fassungen bieten gut verständliche Dialoge ohne störende Verzerrungen. Der englische Ton klingt etwas dumpfer und besser ins Geschehen integriert, während die deutsche Fassung etwas klarer, dafür aber auch künstlicher wirkt.

Extras

Das Bonusmaterial besteht aus dem deutschen Vorspann zu jeder Folge, der bisweilen völlig anders synchronisiert ist als die Originalfassung, einer Bildergalerie sowie dem 48seitigen Booklet. Die Aufmachung der DVD-Box ist mit dem Design identisch, das schon für die sehr schöne Serie „The Adventures of Sherlock Holmes“ verwendet wurde. In Buchform nehmen die beiden Deckel die DVDs auf, während dazwischen das Booklet eingeklebt wurde. Sehr gelungen.

Fazit

Koch Media präsentiert in einer ersten DVD-Box 10 Episoden der TV-Serie „Alfred Hitchcock zeigt“, die durch surreale Auftritte Alfred Hitchcocks und kompakte Kriminal-Dramen überzeugt. Technisch ist die DVD-Box gut.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel The Alfred Hitchcock Hour (USA 1962 - 64)
Länge 10 Folgen á 48 Minuten (Pal)
Studio Koch Media
Regie Alfred Hitchcock, Alf Kjellin, Bernard Girard, Sidney Pollack, u.a.
Darsteller John Forsythe, John Fiedler; James Mason; u.a.
Format 1:1,33 (4:3)
Ton DD 2.0 Mono Deutsch, Englisch
Untertitel Deutsch
Extras Deutsche Vorspänne, Bildergalerie, 48seitiges Booklet
Preis ca. 30 EUR
Bewertung gut, technisch gut