Bildersturm der Groteske

Aktion Mutante – Special Edition (2VDs)

Aktion MutanteNach der unwürdigen Cine Plus / VCL-Veröffentlichung aus dem Jahr 2003, die nur deutschen Ton und ein nicht anamorphes Bild besaß, ist „Aktion Mutante“ nun bei Alamode in einer guten Special Edition erschienen. In einer nicht näher definierten Zukunft kämpft eine aus körperlich herausgeforderten Menschen bestehende terroristische Gruppe um mehr gesellschaftliche Anerkennung für Ihresgleichen, indem sie Anschläge auf Vertreter des allgegenwärtigen Schönheitswahns verübt. Fitnesspäpste, Models und andere sind vor der sogenannten „Aktion Mutante“ nicht sicher. Nachdem ihr Anführer sich selbst aus dem Gefängnis entlassen hat, planen die Mutanten einen großen Coup. Sie wollen Patricia, die Tochter des Industriellen Orujo auf deren Hochzeit entführen, um eine lohnenswertes Lösegeld zu erpressen. Nachdem die Entführung bereits nur unter erheblichen Schwierigkeiten gelang, kommt es auf der Flucht mit ihrem Raumschiff zu handfesten Streitereien, die durch die chaotischen Verhältnisse sowie den eingeschränkten Intelligenzgrad der meisten Mutanten weiter angeheizt werden.

Nachdem Álex de la Iglesia die Ausgangssituation etabliert hat folgt die Handlung im Anschluss an die Entführung der Industriellentochter dem grundsätzlichen Muster eines Roadmovies. Das Ziel der Mutanten ist Aktion Mutanteeine Bar auf einem öden, abgelegenen Planeten, wo das Lösegeld übergeben werden soll. Am Wegesrand dazwischen liegen Blut, Schweiß und Dummheit; dramaturgische Zutaten, die de la Iglesia mit den Mitteln der Groteske stark überzeichnet, so dass der Film zwischen dreisten Albernheiten und absurder Comicgewalt changiert. In der Szene, in der ein Verräter einen der Mutantenterroristen an ein „Katze“ genanntes Monster verfüttert, das stets nur durch wüstes Ruckeln an der Bodenklappe aufgefallen ist, unter der es gehalten wird, treffen bei der daraus resultierenden Blutdusche beide Stilmittel aufeinander. Sie bilden das satirische Handwerkszeug, mit dem der Film auf bissige Weise die götzenhafte Dominanz oberflächlicher Schönheit in der gesellschaftlichen Wertschätzung kommentiert. Daran ändert auch de la Iglesias Understatement nicht, wenn er im Interview beteuert, der Film sei nur ein reines Unterhaltungsprodukt.

Das Thema ist aber nicht im Sinne eines elaborierten Gedankengeflechtes ausgearbeitet, de la Iglesia setzt vielmehr auf zugespitzte Bilder mit starkem assoziativen Potential. Der Industrielle Orujo, dessen Tochter entführt wird, erinnert mit seiner Uniform beispielsweise an Nazi-Bösewichte, was auf das faschistische Potential eines Andersartige ausgrenzenden Körperkults um Fitness und Schönheit verweist. Gleichzeitig repräsentiert er als Industrieller mit seiner großspurigen Attitüde die Tendenz, reale Konflikte mit Hilfe einer glattgebügelten, heilen Marketingrealität wegzuwischen, da Differenzen und Andersartigkeit nur ein Störfaktor für erfolgreiches Wirtschaften sind. Es ist keineswegs zufällig, das seine entführte Tochter in Anlehnung an Patricia „Patty“ Hearst ebenfalls den Vornamen Patricia trägt und sich in den Anführer der Mutantentruppe verliebt, der sie sich anschließen will. „Aktion Mutante“ entfaltet dergestalt ein Trommelfeuer aus Anspielungen, Zitaten und symbolischen Bildern, die sich zu einem Netz angerissener Themen verdichten, in dem sensationshungrige Medien genauso dem Spott der Satire zum Opfer fallen wie die Mutanten in tragischer Weise vom Geld geblendet ihre Ziele aus den Augen verlieren.

Bildqualität

Ein paar kleinere Defekte und Dreckspuren weist das Bild gelegentlich noch auf, sie fallen aber nicht störend ins Gewicht, da hier sehr gute Arbeit beim Transfer geleistet wurde. Die Schärfe fällt gut aus, da sowohl klare Konturen als auch zahlreiche Details zur Geltung kommen. Das stets präsente leichte Grundrauschen beeinträchtigt die Qualität nicht. Die Farben wirken lediglich an manchen Stellen leicht ausgebleicht, sind im allgemeinen aber kräftig. Der gute Kontrast sorgt für ein plastisches Bild. Sonstige Rauschmuster treten nicht in Erscheinung.

Tonqualität

Die beiden 5.1-Spuren bieten klar verständliche Dialoge, die ohne störendes Rauschen wiedergegeben werden, können aber keine besonders räumliche Atmosphäre entfalten. Nur selten werden die hinteren Lautsprecher in das Geschehen einbezogen. Angesichts des Filmalters ist das natürlich auch gar nicht überraschend, so dass der Ton gut ist.

Extras

Bei dem etwa 28minütigen Interview mit Regisseur Alex de la Iglesia handelt es sich um Rohmaterial, so dass große Teile der Fragen doppelt beantwortet werden, da entweder de la Iglesia oder der Interviewer mit dem ersten Versuch nicht zufrieden war. Das ist nicht unbedingt das, was man sich wünscht. Da de la Iglesia aber durchaus einiges zu seinem Film sowie den Produktionsumständen zu sagen hat, ist der Beitrag insgesamt gut zu bewerten. Das etwa 27minütige Making Of ist zwar nicht so schwach wie die üblichen Werbe-Making-Ofs, aber es plätschert wenig strukturiert vor sich Aktion Mutantehin, so dass nur sparsame Informationshäppchen dabei herauskommen. Die Produktionsbedingungen sowie technische Aspekte der Spezialeffekte sowie der Ausstattung werden oberflächlich gestreift. Das etwa 32minütige unkommentierte B-Roll-Material ist für Leute interessant, die herumstehende Kameras, über irgendetwas brütende Menschengruppen oder kurze Probenausschnitte mögen. Dass das Material nur stellenweise untertitelt ist, fördert den Infomations- beziehungsweise Unterhaltungswert für nicht spanisch sprechende Bevölkerungsteile keineswegs. Ein Musikvideo zum Titellied, drei hübsche Bildergalerien (Zeichnungen vom Set, Storyboards, Charakterzeichnungen) sowie zwei Trailer runden das Bonusmaterial ab.

Fazit

„Aktion Mutante“ kommentiert auf satirische Weise Tendenzen, oberflächliche Makellosigkeit als einzigen Maßstab der Wertschätzung zu akzeptieren. Dabei greift der rasante Film zu grotesken Späßen und überzeichneter Comic-Gewalt. Technisch ist die DVD gut.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Acción Mutante (Spanien 1993)
Länge 91 Minuten (Pal)
Studio Alamode
Regie Álex de la Iglesia
Darsteller Antonio Resines, Álex Angulo, Frédérique Feder, Juan Viadas, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DD 5.1 Deutsch, Spanisch
Untertitel Deutsch
Extras Making Of, Interview mit Álex de la Iglesia, u.m.
Preis ca. 21 EUR
Bewertung gut, technisch gut