Der Weg zum persönlichen Glück kann mit dem Unglück anderer Leute gepflastert sein, für das man nicht einmal verantwortlich ist. Manchmal ergeben sich aber auch Zufälle, bei denen beide Beteilige profitieren. Zufall oder Fügung? Das ist auch die Frage in Jieho Lees Figurenpanoptikum, deren Leben sich in einer Großstadt kreuzen. Da gibt es den Gangsterboss, der keine Lust mehr auf sein illegale Wettgeschäft hat. Deswegen trotzt er mit seinen üblichen Methoden einem bei ihm verschuldeten Musikproduzenten den Vertrag eines aufstrebenden Musiksternchens ab. Im Popgeschäft will er zukünftig sein Geld verdienen. Ein Arzt kämpft um das Überleben einer guten Freundin, in die er unglücklich verliebt ist. Da sie eine extrem seltene Blutgruppe hat, kann die notwendige Transfusion nicht aus den Beständen der krankenhauseigenen Blutbank durchgeführt werden. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt. Ein frustrierter Büroangestellter hat bei dem Gangsterboss hohe Schulden, weil die Wette auf ein fingiertes Rennen aufgrund eines Unfalls schief gegangen ist. Nun soll ein Banküberfall Abhilfe schaffen. Ein Handlanger des Gangsterbosses wiederum lernt das Popsternchen kennen und verliebt sich in sie, weil sie der erste Mensch ist, bei dem seine Gabe, kurze Zukunftsschnipsel vorherzusehen, nicht funktioniert. Das ist für ihn ein Zeichen. Deswegen versteckt er sie vor seinem Boss. Das Popsternchen hat nämlich keine Lust, bei dem örtliche Wettspiel-Paten unter Vertrag zu stehen.
Dass sich nun diese Gestalten innerhalb kürzester Zeit über den Weg laufen, um wechselseitig das jeweilige Schicksal der anderen Menschen mitzubestimmen, ist eine der unwahrscheinlichsten Prämissen, die denkbar ist. Sie ließe sich aber als Mittel der dramaturgischen Verdichtung akzeptieren, wenn Jieho Lee nicht übertreiben würde. Am Ende präsentiert er den vollständigen Zirkelschluss, der seiner Konstruktion zwar eine geometrische Reinheit verpasst, sie aber auch zur reinen Geometrie ohne emotionales Potential verkommen lässt. Zu offensichtlich ist der jetzt verkrampft wirkende Wille des großen Schicksalswurfes, der 50 Minuten lang noch auf akzeptablem Niveau verharrte. Lee stellt den Tod eines Menschen alleine in den Dienst der Konstruktion, so dass alles Tragische untergeht. Übrig bleibt ein zynisches Grinsen im Gesicht des Regisseurs, der vor aller Augen mit der Genialität herum wedelt, mit der er alles zusammengefügt hat. Die Figuren bleiben dabei leider auf der Strecke. Das ist angesichts der guten darstellerischen Leistungen schade. Brendan Fraser verleiht dem Handlanger des Gangsterbosses durchaus eine tragische Note, wenn das Versagen seiner Zukunftsvisionen einen Prozess des Zweifels über sein jetziges Leben auslöst. Mit ruhigem Gesichtsausdruck transportiert Fraser die tiefe Erschütterung, die seine Figur erfasst hat. Selbst Andy Garcias Manierismen, mit denen er den Wettspiel-Paten ausstattet, gleiten nicht ins Lächerliche ab, sondern wirken schon fast wie das Zappeln eines Menschen, der seinen Ballast endlich loswerden will. Mit seinen künstlichen, unnatürlichen Arm- oder Kopfbewegungen demonstriert Garcia bis zu Schluss, dass seine Figur jedoch darin gefangen ist, ein Gangster zu sein. Lee hat daran jedoch nur ein Interesse im Sinne seiner Konstruktion, die letztlich alles andere erstickt.
Bildqualität
Das saubere Bild der Bluray überzeugt mit einem hohen Schärfegrad, der viele Details präzise abbildet und klare Konturen produziert. Nächtliche Straßenszenarien oder auch Nahaufnahmen können hier punkten. Nur selten lässt die Schärfe etwas nach, so dass einzelne Totalen nicht ganz das zuvor definierte HD-Niveau erreichen. Die Farben geben kräftige wie monochrome Szenarien ausgezeichnet wieder, so dass das visuelle Konzept des Films voll zur Geltung kommt. Der ausgewogene Kontrast verschluckt auch bei dunklen Szenen keine wichtigen Details, der Schwarzwert ist tief. Die leichte Körnung mancher Bilder stört nicht.Tonqualität
Die beiden DTS-HD-Master-Tonspuren bieten eine klar ausdifferenzierte Abmischung, die das Geschehen auf den vorderen Lautsprechern mit guter Dynamik und Präzision wieder gibt. Die Bandbreite wird voll ausgenutzt. Die Dialoge sind klar und verständlich. Für die räumliche Kulisse ist vor allem die Musik zuständig, die in den entscheidenden Szenen auch die hinteren Lautsprecher mit gutem Druck ausnutzt. Insgesamt eine gute Abmischung, für einen Film, der nur wenige direkte Surround-Effekte besitzt.Extras
Die Interviews mit Regisseur Jieho Lee und Darsteller Brendan Fraser (jeweils etwa zehn Minuten) sind lohnenswert, da die beiden etwas über den Film beziehungsweise ihre Filmrolle zu sagen haben. Insbesondere Lee legt seine Konzeption der Dramaturgie offen. Die Interviews mit Andy Garcia (etwa fünf Minuten) und Sarah Michelle Gellar (etwa vier Minuten) fallen demgegenüber nichtssagend aus. Die Deleted Scenes (etwa fünf Minuten) sind ganz nett, ohne Besonderes zu offenbaren. Die Outtakes (etwa zwei Minuten) bleiben eher langweilig. Zwei Trailer runden das Bonusmaterial ab.Fazit
„The Air I Breathe“ stellt seine Konstruktion über die Charaktere des Films, so dass die Emotionen der einzelnen Geschichten weitgehend überdeckt werden. Die guten Schauspieler haben es schwer, gegen die Kälte des Drehbuchs anzuspielen, können aber ein paar Punkte verbuchen. Technisch ist die Bluray sehr gut.Stefan Dabrock
Originaltitel | The Air I Breathe (USA 2007) |
Länge | 95 Minuten (24p) |
Studio | Koch Media |
Regie | Jieho Lee |
Darsteller | Kevin Bacon, Julie Delpy, Brendan Fraser, Andy Garcia, Sarah Michelle Gellar, Clark Gregg, Emile Hirsch, Forest Whitaker, u.a. |
Format | 1:2,40 (16:9) |
Ton | DTS-HD-Master 5.1 Deutsch, Englisch |
Untertitel | Deutsch |
Extras | Interviews, Deleted Scenes, Outtakes, Trailer |
Preis | ca. 18 EUR |
Bewertung | erstickte Emotionen, technisch sehr gut |