Pfeif den Dixie!

2000 Maniacs

"Herschell Gordon Lewis dreht seine ‚Gore-Trilogie' "Blood Feast" (1963), "2000 Maniacs" (1964) und "Color me Blood Red" (1964) exakt nach der Grand-Guignol-Splatter-Formel, ist sich dessen aber angeblich nicht bewusst. Lewis hat außerdem in Chicago sein eigenes Filmtheater, wo er auf der Bühne bluttriefende live acts aufführt, … (Grand Guignol. Ein Essay über Frankreichs blutiges Theater. Von MAERZ. In: Dark Stars. Seite 214 bis 227. Gaschler, Thomas und Vollmar, Eckhard. Edition belleville. 1992).

Eine genauere Vorstellung des Théâtre du Grand Guignol kann an dieser Stelle aus Platzgründen nicht erfolgen. Der oben erwähnte Essay bietet dazu eine interessante Einführung in das Thema. Das Zitat habe ich angeführt, um zu verdeutlichen, dass die Splatter-Effekte des Kinos und ihre Verwendung als wesentlicher Bestandteil der dramaturgischen Erzählung keineswegs aus dem Nichts gekommen sind. Kulturgeschichtliche Vorbilder sind vorhanden.
In "2000 Maniacs" nutzt Herschell Gordon Lewis die blutige Variante der Todesinszenierung, um eine komödiantische Nordstaater-Südstaatler-Gesachichte zu erzählen. Zwei Autoladungen Yankees folgen fingierten Umleitungsschildern und gelangen in ein kleines Südstaatenkaff, deren Bürgermeister sie zusammen mit der ganzen Stadtbevölkerung als Ehrengäste einer Hundertjahrfeier willkommen heißt. Über die genauen Hintergründe des Festaktes schweigen sich die Südstaatler aus. Einzelnen Ehrengästen erscheint die aufdringliche und keinen Widerspruch duldende Gastfreundschaft der Einheimischen jedoch etwas merkwürdig. Und schon bald zeigt sich, dass das Misstrauen auch gerechtfertigt ist, denn die Ehrengäste sollen einer nach dem anderen in spaßigen Spielen geopfert werden. Vor 100 Jahren hatten Nordstaatler während des Bürgerkriegs ein Massaker verübt. Mit der aktuellen Feier wollen die Südstaatler Rache nehmen.
Wer das erstaunlich gut geratene Remake "2001 Maniacs" schätzt, kommt ohne Zweifel nicht umhin, Gordon Lewis' Original anzusehen. Wie eine Jahrmarktsattraktion der größten Sensationen - hier muss ein wenig die Entstehungszeit berücksichtigt werden, heute ist man anderes gewohnt - rollt die Erzählung kontinuierlich weiter. Der erste Splattereffekt lässt zwar eine halbe Stunde auf sich warten, aber danach geht es unvermindert weiter. Dabei überrascht die satirische Konstruktion der Handlung, die als bösartige Darstellung des Risses zwischen Nord und Süd funktioniert. In diesem Sinne dreht Gordon Lewis in konsequenter Weise Begriffe und Klischees um. Die missgeleiteten Nordstaatler weisen dem Ausdruck Ehrengäste eine völlig andere Bedeutung zu, als es die Einheimischen tun. Aus deren Sicht erscheint es angesichts der historischen Ereignisse jedoch folgerichtig, die Gäste mit Hilfe bunter Spiele umzubringen. Während Südstaatler dem Klischee nach gerne als dumm und rückständig dargestellt werden, ist ihre aggressive Freundlichkeit der Begriffsstutzigkeit ihrer "Gäste" deutlich überlegen. Der Splatter selbst fügt sich nahtlos in die überspitzte Darstellung des Geschehens ein. Wenn alle Figuren und Handlungen überzeichnet sind, dann ist es nur konsequent, auch die Tode zu überzeichnen.

Bildqualität

Das Ausgangsmaterial für die DVD des 38 Jahre alten Films wurde ganz offensichtlich mit Rauschfiltern behandelt. Dadurch leidet die Schärfe ein wenig und es kommt zu Nachzieheffekten bei Kamerabewegungen. Ansonsten ist das Bild aber schwächefrei. Die Farben sind hübsch bunt, Defekte oder Verschmutzungen sind selten. Auch der Kontrast macht eine gute Figur. Das in mancher Nachtszene nicht alle Details zu sehen sind, liegt am niedrigen Budget der Produktion. Es wurde tatsächlich nachts und mit wenigen Scheinwerfern gedreht. Insgesamt also ein sehr ordentliches Bild.

Tonqualität

Der englische Originalton - eine andere Tonspur ist auch nicht vorhanden - hat ein wenig gelitten. Da die Dialoge doch ein wenig dumpf klingen, sind sie nicht immer gut zu verstehen, aber dafür sind deutsche Untertitel vorhanden. An einer Stelle sind diese allerdings für zwei Minuten deutlich asynchron, was ein bisschen stört. Die Musikwiedergabe ist gut.

Extras

Der Audiokommentar von Herschell Gordon Lewis (Regie), David F. Friedman (Produktion), Mike Rainey (Something Weird Video) und Jimmy Maslin (Shock Films) fällt ganz hübsch aus. In launiger Runde geht es um die Entstehungszeit des Films und die Splattereffekte, einige Anekdoten zur Produktion sowie ein paar Informationen zu den Produktionsumständen werden ebenso zum Besten geben, wie man etwas zu den Darstellern und Darstellerinnen sagt. Unter anderem erfährt man, dass das Playboy-Playmate Connie Mason nicht immer textsicher war, so dass sie in einer Szene kurzerhand ein paar Dialogzeilen weniger sagen musste als eigentlich vorgesehen.
Die etwa 15minütige Outtake-Rolle ergibt wenig Sinn, da über die Szenen Musik oder andere Dialoge aus dem Film gelegt wurden und keine Patzer zu sehen sind. Es handelt sich schlicht um andere Takes im Film enthaltener Szenen. Vielleicht wäre der eine oder andere Versprecher zu hören, wenn man den Originalton hätte.
Der Bonus-Film "Mesa of Lost Women" (70 min., s/w) erweist sich als hübsche Mad-Scientist-Geschichte, um einen Forscher, der in der Abgeschiedenheit der mexikanischen Wüste ein Labor betreibt, in dem er Spinnen mit Frauen kreuzt. Eine Gruppe unbedarfter Menschen gerät in die Fänge des Wissenschaftlers und mus sich zur Wehr setzen. Trotz der recht bedächtigen Inszenierung verbreitet der Film den Charme absurder Monsterfilme aus den 50er und 60er Jahren. Eine feine Rarität.
Eine Bildergalerie und Trailer runden das Bonusmaterial ab.

Fazit

Splatter-Pionier Herschell Gordon Lewis inszenierte mit "2000 Maniacs" eine schwarzhumorige Satire auf das Verhältnis zwischen den amerikanischen Nord- und Südstaaten. Dabei fügt sich die Lust an der Todesinszenierung nahtlos in die grelle Darstellung der Geschehnisse ein. Technisch ist die DVD angesichts des Filmalters gut.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel 2000 Maniacs (USA 1964)
Länge 87 Minuten (Pal)
Studio cmv laservision
Regie Herschell Gordon Lewis
Darsteller William Kerwin, Connie Mason, Jeffrey Allen, Ben Moore, u.a.
Format 1:1,33
Ton DD 2.0 Mono Englisch
Untertitel Deutsch, Holländisch
Extras Audiokommentar von Herschell Gordon Lewis (Regie), David F. Friedman (Produktion), Mike Rainey (Something Weird Video) und Jimmy Maslin (Shock Films), Outtakes, Bonusfilm "Mesa of lost Woman", u.m.
Preis ca. 17 EUR
Bewertung gut, technisch ordentlich