Schwarzweiß und grimmig

13 Tzameti

13 TzametiAls Einwanderer hat man es im jeweiligen Land der Träume oft sehr schwer, ein erfolgreiches Leben zu führen. Sprachbarriere oder latente Ausländerfeindlichkeit sind ein Hemmnis, dessen Überwindung erst einmal geschafft werden muss. Bei Sébastien, einem Gelegenheitsdachdecker, hapert es an der Sprache jedoch nicht, Ausländerfeindlichkeit ist in „13 Tzameti“ auch nicht klar sichtbar. Denn dieser Sébastien, über dessen Hintergrund bis auf wenige Szenen mit seiner beengt wohnenden Familie nichts gezeigt wird, ist eine Chiffre für das, was der Zuschauer mit dieser Figur verbindet. Seine Charakterisierung besteht deswegen aus einfachen Schlaglichtern, hinter denen sich je nach persönlichem Blickwinkel des Zuschauers ganze Welten sozialer Realität verbergen können. Das Migrantendasein ist ein Aspekt, die Zugehörigkeit zum Arbeitermilieu wäre ein anderer Ansatz der Hauptfigurenidentität beizukommen.

Regisseur Géla Babluani lässt die Details offen, weil sein Film sich auf die Essenz der Geschichte beschränken will, um die Grimmigkeit der auf fatale Weise ausweglosen Situation ins Zentrum zu rücken. Die pure Emotion in Form von Hoffnungslosigkeit, Hoffnung und blanker Angst bestimmt die Inszenierung. Sébastien schlägt sich mehr schlecht als recht durchs Leben, große Hoffnung auf Wohlstand muss er sich nicht machen. Sein Auftraggeber, dessen Dach er gerade renoviert, wohnt mit einer jungen Frau zusammen – die Verhältnisse bleiben unklar – und hat ein akutes Drogenproblem. Sein Leben ist durch Hoffnungslosigkeit und Hoffnung bestimmt, denn er erwartet einen Brief, der seine Situation verbessern soll. Sébastien kann durch ein Loch im Dach ein Gespräch darüber belauschen. Als der Brief eintrifft, stirbt Sébastiens Auftraggeber. Durch einen Wink des Schicksals gelangt der Gelegenheitsdachdecker jedoch in dessen Besitz. Darin sind merkwürdige Anweisungen enthalten, denen Sébastien folgt, weil damit die Hoffnung auf ein besseres Leben verbunden ist. So gelangt er schließlich zu einem einsam gelegenen Haus im Wald, wo er recht schnell erfahren soll, was blanke Angst bedeutet.

Es ist ein Segen, wenn es einem gelungen ist, vor der ersten Sichtung des Films Texten aus dem Weg zu gehen, die mitteilen, was Sébastien am Ende der Anweisungen widerfahren wird (das gilt auch für den DVD-Covertext). Das Mysterium der seltsamen Schnitzeljagd gehört zum entscheidenden Reiz der ersten Seherfahrung, weil man als Zuschauer dann die Spannung der Ungewissheit erfahren kann. Der drogenabhängige Auftraggeber wirkt aufgrund der 13 Tzameti geheimnisvollen Dinge, in die er verstrickt ist, zwielichtig. Gleichzeitig ist damit aber die Chance auf Erfolg verbunden, worin auch immer der bestehen mag. So ergibt sich automatisch ein Spannungsverhältnis aus Gefahr und Glück, das bis zum Ende erhalten bleibt, weil auch im Waldhaus die „blanke Angst“ nur einen Teil der Szenerie umfasst. Beides schließt sich zu einem zynischen Spiel zusammen, das über die Widerwärtigkeit gesellschaftlicher Machtverhältnisse reflektiert, die an vielen Ecken aufblitzen. Es herrschen klare, einfache Regeln, denen sich Sébastien zu unterwerfen hat, da er sich nun einmal entscheiden hatte, den Ort zu betreten. Die Regeln aber, und das ist Teil der zynischen Realität, die Géla Babluani entlarvt, werden von denjenigen gemacht, die nur ein verschmerzbares Risiko tragen müssen. Dank der schwarzweißen Optik gelingt es Babluani, jegliche Momente der Ablenkung von dem simplen, äußerst grimmigen Geschehen fernzuhalten. Sein Film ist ein Werk der direkten Konfrontation mit Hoffnungslosigkeit, Hoffnung und blanker Angst, die in der vorhandenen Reinheit nachhaltig verstören können.

Bildqualität

Das weitgehend saubere Bild der DVD besitzt einen rauen Charakter, der 13 Tzametisich in etwas weichen Hintergründen sowie der Körnigkeit des Materials niederschlägt. Dabei handelt es sich jedoch keineswegs um Schwächen der DVD, sondern um eine Reproduktion des visuellen Filmkonzeptes, das die Welt schmutzig erscheinen lassen will. Die Schärfe der Vordergründe ist gut. Der Kontrast verleiht dem Bild ebenfalls einen etwas durchgewaschenen Eindruck, der die grimmige Atmosphäre stützt. Das Blockrauschen, das in manchen Szenen zum Tragen kommt, ist dann aber eine leichte Schwäche der DVD. Sonstige Rauschmuster treten nicht in Erscheinung.

Tonqualität

Der 5.1-Ton greift aufgrund des weitgehend ruhigen Charakters der Handlung auf eine dezente, aber sehr effektive Abmischung zurück, die gelegentlich auch die hinteren Lautsprecher bei atmosphärischen Geräuschen miteinbezieht. Die Dialoge sind klar und verständlich.

Extras

Das 27minütige Interview mit den Babluani-Brüdern George (Darsteller) und Géla zeigt zwei Menschen, die über den Inhalt des Films und dessen Bedeutung reflektieren. Daneben gehen sie auch auf die Machart des Films sowie den Festival-Erfolg ein. Insgesamt ein spannendes, nachdenkliches Interview. Die Deleted Scenes (etwa 10 Minuten) sind zum großen Teil erfreulicherweise entfernt worden, geben aber einen guten Einblick in den Prozess des kreativen Schaffens beim Schnitt. Der Trailer rundet das Bonusmaterial ab.

Fazit

„13 Tzameti“ ist ein dreckiger, kleiner Film, der den Zynismus auf nachhaltig verstörende Weise entlarvt, der immer wieder Teil der gesellschaftlichen Realität ist. Dabei gelingt Géla Babluani eine Konzentration auf die Essenz des Geschehens, das seine Grimmigkeit deswegen voll ausspielen kann. Technisch ist die DVD weitgehend gut.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel 13 Tzameti (Frankreich / Georgien 2005)
Länge 89 Minuten (Pal)
Studio Alamode
Regie Géla Babluani
Darsteller George Babluani, Pascal Bongard, Aurélien Recoing, , u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DD 5.1 Deutsch, Französisch
Untertitel Deutsch
Extras Deleted Scenes, Interviews, Trailer
Preis ca. 21 EUR
Bewertung sehr gut, technisch weitgehend gut