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Focus Asia

The King of Pigs

Dwae-ji-ui wang
Südkorea 2011 / 97 MIN / Koreanische OMEU REGIE Sang-ho Yeun STIMMEN Ik-june Yang / Jeong-se Oh / Hye-na Kim / Kkobbi Kim / Hee-von Park Drehbuch Sang-ho Yeon Produzent Young-kag Cho KONTAKT Indiestory

Just als Jong-Suk seine Frau zusammengeschlagen hat, meldet sich sein alter Freund Kyung-Min (der die seine gerade ermordet hat) nach fünfzehn Jahren zurück, um mit ihm über die alten Zeiten zu reden Sie lassen einige Wochen ihrer düsteren Schulzeit Revue passieren und arbeiten sich langsam zu dem einen Tag vor, der sich für immer in ihre Köpfe eingebrannt hat.

Die Kritik zu diesem eher rudimentär animierten koreanischen Anime wird ein wenig persönlicher als sonst, weil es mir nicht möglich ist, den Film zu sehen, ohne ihn zu meiner eigenen Schulzeit in Bezug zu setzen. Meine Klassenlehrerin – die gleichzeitig die Direktorin unserer Schule war – wurde im Dritten Reich groß und war nach meinem Dafürhalten eine innerlich zerrissene Frau, die nach außen Demokratie predigtet, intern aber ihre durch den Faschismus geprägten, autoritären Phantasien auslebte. Einmal, wir müssen in der neunten Klasse gewesen sein, hatte sie einen meiner Mitschüler an den Haaren gepackt und seinen Kopf mit Schmackes auf die Tischplatte geschlagen. Ich gehe heute davon aus, dass sie sich anschließend das Schweigen der Eltern des Jungen erkauft hat, um ihren Kopf aus der Schlinge zu ziehen, ansonsten hätte man sie nach der Nummer vermutlich aus dem Schuldienst entfernt. Natürlich hätten auch die etwa dreißig im Klassenzimmer anwesenden Zeugen Anzeige wegen Körperverletzung erstatten können, aber einige von uns waren zu eingeschüchtert, einige zu gleichgültig und einige haben es dem Opfer von Herzen gegönnt.

Diese Geschichte ist nur eines von vielen Beispielen für die soziale Dysfunktionalität des schulischen Umfelds, in dem ich aufgewachsen bin. Ich kann zwar nicht beurteilen, ob das System aus Gewalt, Mobbing und klaren Hierarchien, das "The King of Pigs" zeigt, den Alltag an koreanischen Schulen authentisch wiedergibt, aber wenn ich mich darin prinzipiell wiederfinde, dann scheint das kein Szenario zu sein, das an Nationalitäten oder einen bestimmten Zeitgeist gebunden ist, sondern es ist offenbar eine Form von Sozialverhalten, die uns ins Erbgut eingeschrieben ist, und die, wenn man sie erlebt hat, durchaus ihre Spuren hinterlässt: ich will nicht verhehlen, dass es überaus befriedigend anzusehen ist, wenn dann der Neue an der Schule die Alpha-Tiere seiner Klasse zu blutigem Körpermatsch prügelt. "The King of Pigs" braut insofern sehr effektiv einen beunruhigenden Cocktail aus Angst, Verzweiflung, Wut, Hass, Stumpf- und Wahnsinn, eben allem, was man so als Fünfzehnjähriger fühlt. Und er geht noch einen Schritt weiter und überträgt das auf das Leben an sich: „Die Welt ist bedeckt von Asphalt, so kalt wie Eis. Und das einzige, was noch kälter ist, sind die Menschen auf ihr,“ so das Fazit der erwachsenen Hauptfigur der Rahmenhandlung.

Der Film ist damit einer der konsequent düstersten und hoffnungslosesten, die ich seit Jahren gesehen habe. Es gibt nicht einen Silberstreif am Horizont, nicht auch nur irgendetwas Positives. So kann man die Dinge natürlich betrachten, aber es ist leicht, einen Kübel Erbrochenes über dem Publikum auszuschütten und „Die Welt ist schlecht!“ zu schreien. Die Herausforderung wäre es, lebenswerte Alternativen aufzuzeigen, und davor drückt sich "The King of Pigs". Er ist so in seiner hermetischen Welt gefangen wie seine beiden Hauptfiguren in ihren Erinnerungen. Wenn ich noch ein Teenager wäre, wäre das jetzt vermutlich mein Lieblingsfilm – aber aus dem Alter bin ich glücklicherweise lange raus.
Lukas Jötten

Inhalt:
Mehrere Jahre nach der Schulzeit treffen sich zwei Jugendfreunde zu einem gemeinsamen Abend bei Essen und Alkohol. Dabei erinnern sie sich an ihre düstere Schulzeit, in der sie brutale Demütigungen hinnehmen mussten. Der Abend wird zu einer Reise in die schwarze Seele menschlicher Widerwärtigkeit.
Ein Animationsfilm, der sich allem Anschein nach nicht damit aufhält, Hoffnung und Zuversicht zu verbreiten. Wahrscheinliche hartes, aber möglicherweise sehenswertes Brot.
Stefan Dabrock