dvdheimat informiert: Fantasyfilmfest Nr. 26

Director's Spotlight

Chained

REGIE Jennifer Chambers Lynch DARSTELLER Vincent D'Onofrio / Eamon Farren / Julia Ormond / Gina Philips / Jake Weber / Conor Leslie / Evan Bird DREHBUCH Jennifer Chambers Lynch / Damian O'Donnell PRODUZENT Craig Anderson / Rhonda Baker / David Buelow VERLEIH Capelight Pictures

Ein Frauenmörder entführt und tötet eine Mutter. Ihr neunjähriger Sohn verbleibt in seiner Obhut und wächst als sein Assistenz auf. Der Film schildert das Leben der beiden in einem fensterlosen Häuschen mitten im Nirgendwo, und erst als den Killer zehn Jahre später aus heiterem Himmel die Meinung überkommt, der Junge solle es besser haben als er und was aus seinem Leben machen, muss dieser sich entscheiden, ob er das Mädchen, das der tumbe Typ im vorsetzt, umbringen soll, oder ob er gegen seinen Ziehvater aufbegehrt.

Jennifer Lynch (die vor Ort war und optisch eine frappierende Ähnlichkeit mit Gaby Köster aufweist) bewirft das Publikum mit schlecht aufbereiteten Versatzstücke aus den Filmen ihres Vaters. Es gibt diffuse, ohrenschädigende Sounds auf der Tonspur und einen hässlichen Teddy, der immer mal wieder im Hintergrund herumsteht, und in den der Killer eine Kamera eingebaut hat, zu erkennen an den Gegenschüssen in schwarz-weißem Video-Look und mit rotem Rec-Punkt in einer Bildecke. Anders als ihr Vater sieht sich Frau Lynch offenbar außerdem dem aktuellen Horrorkino verpflichtet und zieht sich am Ende noch einen Twist aus dem Arsch, der vorher selbstverständlich keinen Millimeter weit vorbereitet wurde, und dann ist es endlich vorbei.

Nur mal als Richtschnur: normalerweise ist das FFF-Publikum ein wohlwollendes. Wenn da jemand vorbeikommt und seinen Film präsentiert, dann wird frenetisch geklatscht, auch wenn dieser Film nicht gut, sondern nur ganz okay war. Nach "Chained" war der Applaus verhalten. Wäre Jennifer Lynch nicht die Tochter des Regisseurs von "Lost Highway", dann, das kann ich guten Gewissens unterstellen, wäre "Chained" vielleicht noch wochentags in irgendeinen Mittags- oder Mitternachtsslot gerutscht, aber niemals am Samstag Abend auf dem Prime-Time-Sendeplatz gelandet. Falls man ihn denn überhaupt ins Programm gehievt hätte.

"Chained" ist davon abhängig, dass man schluckt, dass ein Mensch, einmal als Kind in seinem Willen gebrochen, über zehn Jahre hinweg nicht mal mehr Anstalten macht, zu fliehen oder seinen Peiniger umzubringen. Natascha Kampusch zum Beispiel, die ähnlich lange gefangengehalten wurde, hat auch nach Jahren noch nicht darauf gewartet, dass ihr Entführer es sich anders überlegt, sondern die erstbeste Möglichkeit zur Flucht genutzt. Ich habe dem Film diese Nummer mit ein paar Bauchschmerzen abkaufen können, weil der Junge ein derartig verhuschtes Würstchen ist, aber das macht es nicht besser. "Chained", schon von seiner Anlage her eingeschränkt durch die enge Bühne des Killer-Hauses einerseits und die beiden geistig wie emotional zurückgebliebenen Hauptfiguren andererseits, deliriert zwischen absurdem Theater und unfreiwilliger Komik, er kommt im letzten Akt noch mal ein wenig in die Gänge, aber bis dahin ist er einschläfernd lahmarschig – und was er zu sagen hat, passt statt in 80 Minuten auch in ein einziges Bild: das Böse ist banal, es macht sich nach begangenen Morden ein Bier auf und setzt sich vor den Fernseher. Toll. Ich hab den Film irgendwann mittendrin für mich persönlich erträglicher gestaltet, indem ich mir vorgestellt habe, die Hauptdarsteller wären in Wirklichkeit Robert Pattinson und William Shatner, aber das ist ein letzter Rückzugspunkt, der vermutlich nur für mich funktioniert.
Lukas Jötten

Inhalt:
Ein achtjähriger Junge wird zusammen mit seiner Mutter von Serienkiller Bob (Vincent D'Onofrio) entführt und nach der Ermordung der Mutter gefangen gehalten. Als eine Art Assistent muss er Bob bei seinen Aktionen zur Seite stehen, so dass die Frage nach ein paar Jahren lautet: Flucht oder selbst Serienkiller werden?
Stefan Dabrock